Österreich zu vertreten, ist „das höchste der Gefühle“
Warum die Nationalfußballer in der Mannschaft von Ralf Rangnick so richtig aufblühen. Stürmer Michael Gregoritsch geht als „ParadeÖsterreicher“voran.
Sie haben es nicht schlecht erwischt, die österreichischen NationalteamFußballer, auch wenn sich der Himmel über Marbella am Donnerstag wolkenverhangen präsentierte. Neben den Übungseinheiten bleibt genügend Zeit für Extratouren, etwa eine Golfrunde oder eine Kartenpartie. Das macht nicht nur Spaß, sondern stärkt auch das Mannschaftsgefüge, das blinde Verständnis öffnet Augen und Geist auf dem Weg zur Euro. Da will niemand auf der Strecke bleiben, weshalb der Ehrgeiz der Spieler im Training in jeder Faser und Phase erkennbar wird. Marko Arnautovic, einer der großen Abwesenden, würde, wäre er da, feststellen, dass die Stimmung „überragend“ist. Das Bewusstsein, für sein Land auf- und einzutreten, hat eine breite Basis. „Keiner lässt sich hängen“, ist aus dem ÖFB-Betreuerstab zu erfahren.
Der Zugang der Spieler zu den bevorstehenden Aufgaben fällt dabei durchaus unterschiedlich aus, denn jeder hat auch mit seinen persönlichen individuellen Nöten zu kämpfen. Das betrifft vor allem jene, die in ihrem Verein nicht regelmäßig zum Zug kommen. Christoph Baumgartner wirkt im Kreis der Nationalmannschaftskollegen fast ein bisschen befreit von der Last des Klub-Alltags, der ihm bei RB Leipzig bisher lediglich neun Startelf-Einsätze beschert hat.
In der ÖFB-Auswahl kann der 24Jährige da sehr viel kompensieren, er wählt die Taktik des demonstrativen Selbstvertrauens. Die Position als zweite Spitze mit relativ vielen Freiheiten sei ihm die liebste, diese auszuspielen, sei eine seiner größten Stärken, sagt er und beschreibt die Bedeutung des NationalteamDaseins. „Jedes Länderspiel ist eine Riesenehre. Es ist ein besonderes Gefühl, wenn das ganze Land hinter dir steht.“
Unter Teamchef Ralf Rangnick erfährt einer wie Baumgartner die Anerkennung, die ihm von seinem Potenzial her wohl zusteht. Dessen ist sich der Kicker voll bewusst. „Ich will mit Leistung vorangehen“, sagt er und erklärt Deutschland- sowie Bayern-Urgestein Thomas Müller wegen dessen Spielintelligenz („wie er zum Beispiel Räume besetzt“) zu seinem Vorbild.
Weit über die Ö-Norm hinaus tritt Michael Gregoritsch für das Nationalteam ein, der Steirer gibt eine Liebeserklärung ab. „Es ist das höchste der Gefühle, wenn ich auf dem Platz stehe, die österreichische Hymne höre und für Österreich auflaufen darf“, erklärt der Stürmer. Der 29Jährige zeigt sich besonders „stolz, Österreicher zu sein“und
lässt bei der Aufzählung nichts aus, was das Land ausmacht: „Die Mentalität, die Kulinarik, die Städte“, es sei „eine unglaubliche Sache“.
Auf diese Weise habe sich seine Wahrnehmung verändert. Die Aufgabe erzeuge fast gar keinen Druck, sondern in erster Linie „Vorfreude“. Er hätte es nicht für möglich gehalten, eines Tages dazustehen und im Ranking der längstdienenden Teamspieler einmal die Nummer vier zu sein, nach Arnautovic, David Alaba und Marcel Sabitzer. Und er „lechzt“geradezu nach der Euro, wie er erklärt. Die in seine Person gesetzte Hoffnung empfindet der Schütze von zwölf Teamtoren als „Riesenkompliment. Dass so viele Leute an mich glauben, ist für mich eine zusätzliche Motivation. Was ich erleben darf, bedeutet mir alles.“Die Darstellung lässt keine Zweifel offen: Gregoritsch kann sein Glück kaum fassen.
Dass er im Klub, bei Freiburg, im Schnitt nur jedes zweite Match in der Startelf zu finden ist, sei ihm von Trainer Christian Streich sehr plausibel erklärt worden. „Wir hatten sehr viele Spiele mit einem weiten Weg zum Tor“, sagt Gregoritsch und weist im gleichen Atemzug darauf hin, in den vergangenen eineinhalb Jahren „80 Pflichtspiele“absolviert zu haben. Das ist nicht gerade ein Klacks.
weil gewissermaßen doppelt abgesichert, ist Jungvater Stefan Posch, der mit Bologna als Stammverteidiger sogar die Champions League im Visier hat und in der Stadt den Stellenwert des „Calcio“hautnah miterlebt. „Fußballer werden dort gefühlt vergöttert“, sagt der Steirer und wagt als Nationalteamspieler den Blick nach vorne, Richtung Euro. „Wir haben schon bewiesen, dass wir gegen große Gegner bestehen können.“Sein Standing im Team – ein Training wurde seinetwegen verschoben – bedeute ihm „sehr viel“. Posch will das aber nicht überbewerten, er stellt die Gemeinschaft in den Vordergrund. „Wir funktionieren einfach als Mannschaft sehr gut“.