Blick über den Tellerrand
Zum zehnten Todestag des Grazer Filmemachers erinnert das Wiener Filmmuseum mit einer umfassenden Schau und Lieblingsfilmen.
Ihm kam eine Schlüsselrolle bei der „internationalen Renaissance des österreichischen Kinos zur Jahrtausendwende“zu, beschrieb es Kurator Christoph Huber. Die Rede ist von Michael Glawogger, dem Grazer Filmemacher, Kameramann, Drehbuchautor und Reisenden (1959-2014), der während der Dreharbeiten zum Doku-Experiment „Film ohne Namen“in Liberia verstarb. Editorin Monika Willi vollendete das Gedrehte unter dem Titel „Untitled“.
Bis 29. April zeigt das Wiener Filmmuseum eine Retrospektive, bestehend aus 33 Filmen inklusive einiger Miniaturen, seines vom Avantgarde-Film bis zum ersten ORF-Landkrimi vielfältigen und dabei außergewöhnlichen OEuvres, das beim Europäischen Filmpreis, bei der Diagonale und den Filmfestspielen von Venedig reüssierte. Weggefährten, Künstlerkolleginnen und Vertraute des „Glawo“wie Michael Ostrowski oder Danny Krausz kommen, um über die Zusammenarbeit mit ihm zu sprechen.
„Das Kino ist keine Schulklasse, also gibt es hier nichts zu lernen. Aber viel zu sehen“, zitiert das Filmmuseum einen der typischen Aphorismen Glawoggers, der das Über-den-TellerrandSchauen als lustvolle, widerborstige und humanistische Praxis zur Maxime erhob. Mit Dokumentarfilmen wie „Megacities“fing er Armut in schönen Bildern ein und in „Whores‘ Glory“porträtierte er Sexarbeit und zugleich Liebe. In „Nacktschnecken“und „Contact High“initiierte er eine erfrischend-absurde Trilogie über Sex, Drugs und Rock‘n‘Roll, die Michael Ostrowski und Helmut Köpping mit „Hotel Rock‘n‘Roll“nebst Stars finalisierten. Gezeigt werden auch frühere Arbeiten wie „Krieg in Wien“, den Glawogger Ende der 1980er mit Ulrich Seidl produzierte oder die sensationelle Fußballdoku „Frankreich, wir kommen!“aus dem Jahr 1999. Ergänzend zur Retrospektive zeigt das Filmmuseum in „Collection on Screen“Lieblingsfilme Glawoggers – wie Werner Herzogs „Fata Morgana“von 1971 oder „Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle“von 1972: Bud Spencer und Terence Hill im Filmmuseum – das schafft nur Michael Glawogger.