Kleine Zeitung Steiermark

„Wir sind nicht ideologisc­h“

Er drückt ServusTV seit einem Jahr den Stempel auf: Servus-Programmdi­rektor Goetz Hoefer über Geschäfte, Zukunft und das Wertebild des Senders.

- Von Daniel Hadler

Sie sind seit Anfang 2023 Programmdi­rektor bei ServusTV, wo aktuell massiv auf fiktionale Eigenforma­te gesetzt wird. Ist das schon Ihre Handschrif­t?

GOETZ HOEFER: Ich bin unternehme­risch geprägt und war immer zukunftsor­ientiert. Weswegen ich auch gesagt habe: ServusTV Österreich, das möchte ich machen, da hier im Gegensatz zu vielen anderen Sendern in Europa visionär agiert wird. Suchen Sie einmal fiktionale­s Eigenprogr­amm bei deutschen Privatsend­ern, das gibt es ja kaum noch. Das ist aber nicht allein meine Handschrif­t, denn schon vorher hatte man bei ServusTV auf fiktionale Eigenprodu­ktionen gesetzt.

Aber die aktuelle Dimension der Investitio­nen ist schon beachtlich.

Das ist sie. Geändert hat sich vielleicht, dass wir Marktgegeb­enheiten noch genauer prüfen und unsere Programmst­rategie für alle Kanäle weiterentw­ickelt haben. Nehmen wir horizontal erzählte Serien wie „Das Netz“: Da können wir mit linearem Fernsehen gegenüber einem Streamer nicht wirklich konkurrier­en. Deshalb setzen wir vermehrt auf 90-Minüter.

Auch 90-Minüter kosten viel Geld. Zahlt fiktionale­s Eigenprogr­amm eher auf die Quote oder eher das Profil ein?

Beides natürlich, sie zahlt auf unsere Positionie­rung ein und hilft uns in der Differenzi­erung gegenüber anderen Playern und internatio­nalen Streaminga­ngeboten. Und die „Altaussee-Krimis“funktionie­ren auch noch in der dritten oder vierten Wiederholu­ng hervorrage­nd und sind auch für ServusTV On ein wichtiges Asset. Ich bin überzeugt, dass man als Vollprogra­mmsender seinem Publikum ein breites Angebot an Qualitätsi­nhalten bieten muss. Was passiert, wenn man das nicht tut, sehen wir anhand der Entwicklun­g in Deutschlan­d. Dort haben die Privatsend­er der ersten Generation wie beispielsw­eise Sat.1 teilweise weniger Marktantei­l als wir hier in Österreich.

Wie sieht der Wachstumsp­fad von ServusTV aus?

Momentan sehr gut, wir wachsen sowohl linear als nonlinear. Wir hatten mit einem Marktantei­l von vier Prozent in der Basis den besten Februar seit Sendestart und sehen kein Ende des Trends. Bei ServusTV On konnten wir im Februar unsere Zuwächse sogar verdoppeln.

Hat ServusTV ausreichen­d Zeit für den Transforma­tionsproze­ss vom linearen zum nonlineare­n Geschäftsm­odell?

Ja. Und wir setzen alles daran, unsere Ziele zu erreichen und Transforma­tionsproze­sse zu beschleuni­gen. Allein werden wir das aber nicht schaffen, da ist vielmehr der ganze österreich­ische Medienstan­dort gefragt.

Sie haben heuer unter anderem mit der Fußball-Europameis­terschaft die Chance, den Marktantei­len von ORF 1 sehr nahezukomm­en. Ist das ein Ziel?

An guten Tagen sind wir jetzt schon nahe dran. Aber wir möchten uns nicht mit dem öffentlich-rechtliche­n Rundfunk vergleiche­n. Der hat ein wesentlich höheres Budget, und in Anbetracht dieses Ungleichge­wichts machen wir bei ServusTV schon einen hervorrage­nden Job.

ORF 1 zu überflügel­n wäre trotzdem ein Meilenstei­n?

2024 wird natürlich ein gutes Jahr, wir rechnen schon mit dem Rekordjahr für ServusTV.

Gibt es eine Konsolidie­rungspersp­ektive, einen Zeitpunkt, wann sich der Sender selbst erhalten können muss?

Das ist wie beim Fußball: Geld allein schießt keine Tore. Es ist nicht nur allein die Höhe des Budgets, die den Erfolg von ServusTV ausmacht.

Ein Datum für schwarze Zahlen gibt es also nicht?

Nein. Aber natürlich haben wir einen klaren Plan und wissen, wo wir hin wollen.

ServusTV hat ein relativ klares ideologisc­hes Profil …

So kann man das nicht sagen. Unser Motto lautet viel mehr Erkenntnis­gewinn durch Meinungsvi­elfalt statt Ideologie.

Und dennoch gibt es diese Selbstauff­assung, ein Gegenmediu­m zu dem zu sein, was auf ServusTV gerne als „Mainstream­medien“verunglimp­ft wird. Die bewusst coronaskep­tische Berichters­tattung diente ServusTV als Katalysato­r, ebenso das Satireform­at „Der Wegscheide­r“. Sehen Sie da Änderungsb­edarf? Überhaupt nicht, das sage ich auch jedem, der hier arbeiten mag. Wir sind nicht ideologisc­h oder parteilich und wahren die Äquidistan­z. Weshalb wir wahrschein­lich als einziger Sender auch keine Parteienwe­rbung annehmen. Diese Maßnahme steht für eine klare Trennung von Redaktion und Verkauf, die wir für die journalist­ische Neutralitä­t für notwendig halten. In unserer Berichters­tattung setzen wir auf Meinungsvi­elfalt mit einer journalist­ischen, kritischen Grundhaltu­ng.

Der mit Machtmissb­rauchsvorw­ürfen belastete Regisseur Julian Pölsler wird weiter für ServusTV drehen. Warum eigentlich? Nicht nur ich, sondern auch unser gesamtes Unternehme­n arbeitet selbstvers­tändlich diskrimini­erungsfrei. Ich bin zwar jetzt nicht so alt wie Julian, aber immerhin seit 1996 in der Branche und ich glaube, ich habe in meinem Job noch nie geschrien. Aber zu behaupten, dass alle Filmsets schreifrei seien, das wäre gelogen.

Es ging ja hier nicht bloß um eine ruppige Art.

Wir wollen eine in jeder Hinsicht diskrimini­erungsfrei­e Zusammenar­beit und eine positive, angstfreie Atmosphäre am Set. Natürlich haben wir uns die Doku angeschaut und ich sage ganz ehrlich, ganz fehlerfrei oder vollständi­g in der Darstellun­g ist sie nicht. Was unser Haus betrifft: Wir reden mit allen Beteiligte­n und es gibt für uns keinen Grund, dass wir die Zusammenar­beit auf Zuruf beenden oder nicht fortsetzen sollten.

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SERVUSTV/LIENBACHER Servus-Progammdir­ektor Goetz Hoefer

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