Ein Königshaus mit Pflegebedarf
Für die an Krebs erkrankte Prinzessin Kate gibt es viel Solidarität – dass sie und ihr Schwiegervater Charles III. vorerst ausfallen, stellt die Monarchie jedoch vor Probleme.
Es war 1992, das Jahr, das Queen Elizabeth II. einst „Annus horribilis“(lateinisch für „schreckliches Jahr“) taufte: Hintergrund waren ein ausgedehnter Brand in Windsor Castle und allerlei öffentlich gewordene schmutzige Wäsche in der Königsfamilie. Das heurige Jahr ist noch jung, für die britischen Royals aber ebenfalls alles andere als erfreulich.
Einen Tag, nachdem Prinzessin Kate ihre Krebsdiagnose öffentlich gemacht hatte, trudelten gestern Genesungswünsche aus aller Welt ein. Der britische Premier Rishi Sunak betonte, dass Kate die gleiche Privatsphäre wie jedem anderen gewährt werden müsse, wenn es um ihre Gesundheit gehe. Das Vereinigte Königreich ist ohnehin geschockt: Erst Anfang Februar hatte König Charles III. (75) seinerseits eine ebenfalls nicht näher definierte Krebserkrankung bekannt gegeben.
Für die Königsfamilie ergeben sich nun weitere praktische Probleme: Die 42Jährige und ihr Schwiegervater sind zumindest mittelfristige Ausfälle in den von Charles nach Amtsantritt ohnehin bewusst ausgedünnten Reihen. „Was ist mit den geplanten Überseereisen bzw. den Reisen ins Commonwealth von William und Kate, die Charles und Camilla entlasten sollten?“, stellt die britische Politologin Melanie Sully im Interview eine Frage, die auch im Buckingham Palace dringlicher denn je sein dürfte.
Dass Andrew, der skandalträchtige und eigentlich aus der vordersten Reihe der Windsors entfernte Ex-Senior-Royal bei einer Gedenkfeier für König Konstantin in Windsor auftauchte, ließ tief blicken: Er vertrat Prinz William (41), der, wie man nun weiß, seiner Frau Kate nach der Diagnose zur Seite stand. Auf Andrew will der König definitiv nicht mehr bauen, doch andererseits kann er auch nicht alle Last seiner Frau Camilla (76) und seiner Schwester Anne (73) aufbürden. „Wir wünschen Kate und der Familie Gesundheit und Heilung und hoffen, dass sie dies privat und in Frieden tun können“, hieß das dürre Statement von Williams Bruder Harry und seiner Frau Meghan aus den USA: Sie kommen als Vertreter der Monarchie ohnehin nicht mehr infrage.
Die offenherzige Videobotschaft der künftigen Königin Kate rief indes viel positives Echo hervor: Britische Krebs-Wohltätigkeitsorganisationen lobten die Prinzessin von Wales für ihre mutige Entscheidung, über ihre Diagnose zu sprechen – nicht zuletzt um andere zu ermutigen, sich untersuchen zu lassen. Vor den Mauern von Windsor Castle stapelten sich Genesungsschreiben aus dem Volk. Der vorläufige Ausfall von Kate trifft eine besonders beliebte Vertreterin der insgesamt immer wieder unter Kritik stehenden Königsfamilie. Laut Sully wäre der Palast gut beraten, künftig „regelmäßiger Updates zu liefern“, damit sich das Karussell aus wilden Spekulationen nicht weiter dreht.
Wie privat Kate sein kann und darf, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen: William und sie sind angesichts des fortgeschrittenen Alters von Charles III. möglicherweise früher als später Staatsoberhaupt und First Lady. „In dieser Rolle ist ‚privat‘ enger gefasst als bei anderen“, erklärt Sully all die Blicke, die auf die nächste Generation der Windsors so oder so fest gerichtet sind.