Historische Mauer abgebrochen
Experte beklagt Abbruch eines Rests der Stadtbefestigung aus dem 17. Jahrhundert.
Wer aktuell bei der Tegetthoffbrücke vorbeikommt, sieht dort Bauzäune und Baumaschinen. Als Architekturhistoriker, der sich mit dem Befestigungswesen beschäftigt, hat Volker Pachauer allerdings einen besonderen Blick auf den Abschnitt des Murufers.
„Mir ist aufgefallen, dass dort Reste der ehemaligen Karmelitinnen-Bastion abgebrochen wurden“, erzählt er. Was sich für den Laien als unauffällige Steinwand präsentierte, die nur vom Murufer aus sichtbar war, ist für ihn eine „wichtige Informationsquelle zur Stadtgeschichte“. Die Mauer dürfte Teil der Stadtbefestigung sein, die Ende des 17. Jahrhunderts auf Höhe des ehemaligen Karmelitinnenklosters errichtet wurde. „Neue Erkenntnisse zum Verlauf der Stadtbefestigung sind wesentlich zum Verständnis der historischen Ausdehnung der Stadt“, so Pachauer, der als Teil des IcomosTeams auch das Grazer Welterbe für die Unesco im Blick hat.
Bei der Holding Graz verweist man darauf, dass der gesamte Bau der Innenstadtentlastung von Archäologen begleitet wird. Bei der „historischen Vorerkundung“sei nicht ersichtlich gewesen, dass es sich um Teile der barocken Stadtbefestigung handle. Auf die Hinweise des Architekturhistorikers hin wurde die Stelle nun dokumentiert, die Informationen gingen ans Bundesdenkmalamt. Dort gibt Landeskonservator Christian Brugger Entwarnung. Fazit: Die Mauer selbst ist nicht von so außerordentlicher Bedeutung, dass sie zwingend hätte erhalten werden müssen. Durch die Dokumentation der Stelle könnten trotzdem wichtige Erkenntnisse gewonnen werden.
In dem Bereich wird ein Oberleitungsmast für die Straßenbahn aufgestellt. In vier Metern Tiefe wird dafür ein großes Fundament betoniert. In dem Zusammenhang muss die Kaimauer statisch ertüchtigt werden, was laut Holding Graz der Grund dafür ist, dass ein Teil des alten Mauerwerks abgetragen wurde.
Andrea Rieger