„Ich will aufhören mit Serien“
David Schalko nähert sich Literaturstar Franz Kafka unkonventionell-komisch. Der ORF zeigt „Kafka“am 24. und 25. März.
Es ist ein Hochrisikoprojekt gewesen und einer der Höhepunkte rund um die Kultur-Festspiele zum 100. Todestag von Franz Kafka – die sechsteilige Serie „Kafka“von David Schalko. Dem Filmemacher, der dem Publikum Hits wie „Braunschlag“oder „Altes Geld“schenkte, das Genre der Provinzposse neu definierte und den Deutschen den österreichischen Humor erklärte, kam die Idee schon vor zehn Jahren. Daniel Kehlmann, ein Freund Schalkos, bot ihm damals seine Hilfe an. Gesagt, getan. Sie schrieben das Drehbuch für die Serie gemeinsam und legen damit dem Biopic-Genre einiges vor. Orientiert hat man sich an Reiner Stachs Biografie über einen der wirkmächtigsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. „Diese Biografie ist schon sehr szenisch geschrieben. Reiner Stach stellt einen Zusammenhang zwischen Literatur und Leben her. Ich habe mir immer gedacht, wenn etwas Biografisches zu Kafka, dann nur basierend auf dieser Biografie“, sagt Schalko.
Warum? Stach hätte Kafka von vielen Klischees befreit. Er zeige einen Kafka abseits dessen, was man in Schulen über ihn lerne. „Es stimmt zum Beispiel nicht, dass Kafka ein sozialer Einzelgänger war. Er war im Literaturbetrieb kein Unbekannter und wurde von sehr vielen Schriftstellern wie Musil, Tucholsky, Rilke und Werfel bewundert; schon zu Lebzeiten.“
Als trockene Literaturgeschichte-Stunde darf man sich die sechsteilige Serie mit Joel Basman in der Hauptrolle aber nicht vorstellen. „Das große Kernthema, das uns interessiert hat, ist natürlich die Literatur und wie aus einem relativ unspektakulären Leben große Literatur entstanden ist“, erzählt Schalko. In einzelnen Kapiteln und multiperspektivisch nähert man sich über Personen aus seiner Umgebung an den Literaten an, dessen Sprache mit kafkaesk in ein eigenes Adjektiv mündete.
„Uns war klar, dass wir nicht aus der Perspektive Kafkas erzählen wollen und können, deswegen haben wir versucht, uns ihm über mehrere Winkel anzunähern – etwa über Max Brod und das Thema Freundschaft, der in einem fast schon altruistischen Akt Kafkas Werk immer über seines gestellt hatte und der das Werk rettete und es uns so überhaupt erst zugänglich machte.“Kennengelernt habe Schalko Kafka in der Schule. Aber: „Mit Anfang 20 habe ich seine Werke ganz unabhängig zu lesen begonnen, insbesondere ‚Amerika‘ und ‚Die Verwandlung‘.“Nachsatz: „‚Amerika‘ als Idee eines endlosen Romans und die entrückte und surreale Darstellung Amerikas. Das war eine düstere Variante von Karl May.“
Schalko versammelt eine Riege an Schauspielstars, bis zum kleinsten Auftritt ist jede Rolle hochkarätig besetzt, u. a. mit Lars Eidinger, Verena Altenberger, Nicholas Ofczarek, David Kross, Liv Lisa Fries oder Robert Stadlober. Es ist auch eine Ode an das Kauzige, Verquere, Eigenartige. Und Schrullen besaß Franz Kafka zuhauf: wie etwa das endlose Kauen der Speisen und die Leibesübungen am offenen Fenster. Über Österreichs Hauptstadt urteilte er: „Wien ist ein absterbendes Dorf.“Teilt Da
vid Schalko diese Meinung? „Es ist eine wahnsinnig große Stadt für so ein kleines Land. Wien hat etwas Provinzielles, etwas im eigenen Saft Gärendes. Vielleicht kommt der Satz daher.“
Mit dem österreichischen Humor kennt sich der Filmemacher und Romanautor aus. „Es ist sehr leicht, eine Tragödie zu erzählen. Das Schwierigste jedoch ist die Komödie. Humor braucht Wahrhaftigkeit in der Betrachtung und muss trotzdem berühren. Komödie ist Tragödie mit anderen Mitteln. Es ist sehr schwierig, das Publikum gleichzeitig zum Lachen und zum Weinen zu bringen. Das ist dann die höchste Form der Komödie.“Und: „Humor besitzt etwas zutiefst Humanistisches“
Geht es nach Schalko, will er sich künftig wieder stärker dem Kino widmen: „Ich will aufhören mit Serien. Ich habe genug gemacht. Jede Serie bedeutet, fünf Monate am Set zu stehen und drei Jahre beschäftigt zu sein. Das ist langsam zu anstrengend. Es zieht mich derzeit mehr zum Film.“
Davor steht aber noch ein Serienprojekt an: „Ich drehe demnächst eine Anthologie-Serie für die ARD-Mediathek, 6 Miniaturen, meistens mit drei bis 4 Schauspielern.“