Zurücklehnen verboten
Energiekosten, Abwanderung und der Wettbewerbsvorteil.
Um ein Wort eines ehemaligen Wirtschaftskammer-Präsidenten zu bemühen: Ist der Industriestandort Österreich „abgesandelt“? WERNER HÖLZL: Von abgesandelt würde ich nicht sprechen. Tatsächlich hat sich die Industrieproduktion im Land seit der Finanzkrise positiv entwickelt. Und in den letzten Jahren jedenfalls positiver als in Deutschland.
Dennoch heißt es in einer aktuellen Studie, dass drei von vier Industriebetrieben im Land die Gefahr einer Deindustrialisierung sehen.
Die größte Gefahr für den Standort ist sicher der Anstieg der Energiepreise. Hierzulande wurden aus – im Vergleich mit anderen europäischen Staaten – günstigen Energiepreisen überdurchschnittliche. Das bringt die Industrie unter Druck. Vor allem die energieintensiven Branchen. Allerdings sind das Probleme, die man quer durch Europa findet.
Wie wirkt sich dieser Druck aus? Sehen Sie Abwanderung?
Primär ziehen Unternehmen Verlagerungen von Produktionsschritten in Erwägung. Die Intensität dieser Überlegungen hat deutlich zugenommen. Abwanderung an sich ist ja ein schleichender Prozess.
Oft werden die hohen Lohnkosten im Land als Ärgernis für Unternehmen genannt. Zu Recht?
Isolierte Lohnkostenvergleiche mit Standorten wie China oder Rumänien sind nicht sinnvoll. Zu einem wettbewerbsfähigen Standort zählen viel mehr Faktoren, die die Produktivität bestimmen. Etwa Infrastruktur, die Qualität von Ausbildung oder die Qualität der existierenden Belegschaft. Nimmt die Zuverlässigkeit einer Produktion ab, kann es auch bei grundsätzlich niedrigen Lohnkosten teurer werden. Entscheidend ist, ob man höhere Kosten auf dem Markt durchsetzen kann.
Wie kann das gelingen?
Es braucht die Fähigkeit, etwas zu produzieren, das andere nicht können. Das ist der ultimative Wettbewerbsvorteil. Wettbewerbsfähigkeit muss immer wieder aufs Neue erkämpft werden. Wer sich zurücklehnt, verliert.