Botschafter der Integration
Als erster Integrationslehrer der Steiermark blickt Berthold Nobis zu seinem 80. Geburtstag stolz und – trotz Schwierigkeiten – freudig zurück.
Ich ruf ihn an, er wird überrascht sein, aber er hat eine Würdigung verdient“, sagt die Bekannte von Berthold Nobis am Telefon. Nobis hält sich zu diesem Zeitpunkt wohl entweder im Weingarten des Bruders auf, zaubert etwas aus seinem neuen italienischen Kochbuch oder lernt Französisch. Er genießt die Pension in vollen Zügen, doch was der Grazer im steirischen Schulwesen bewegt hat, bleibt bei Wegbegleitern wie besagter Kollegin unvergessen. „Steirer des Tages soll ich werden?“, fragt Nobis erstaunt. Ja, denn als erster In- tegrationslehrer der Steier- mark darf man sich durchaus ins Rampenlicht stellen. Diese Woche feierte der ehemalige Sonderschullehrer seinen 80. Geburtstag und meint: „Ich bli- cke positiv zurück und würde es wieder machen.“
Es, das war der unermüdli- che Einsatz für eine integrati- ve Bildung. In den 1980er-Jah- ren unterrichtete er als Son
derschullehrer in der Steier- mark, er bemerkte die Unzufriedenheit vieler im Sys- tem. „Die betroffenen Schüler haben sich diskriminiert ge- fühlt, ich wollte etwas an der Situation ändern.“G emeinsam mit Eltern, Kol- leginnen wie Kollegen stellte man sich der Heraus- forderung. Sie entwickelten ein Konzept für Integrations- klassen, Mitte der 80er starte- te ein Schulversuch in Kalsdorf. „Frau Direktorin Thomann war offen dafür. Ich stand als Sonderschullehrer mit einer zweiten Volksschullehrerin in der Klasse. Über 20 Eltern der Kinder ohne Beeinträchtigung haben sich freiwillig für die Integrationsklasse entschieden“, erzählt Nobis. Das Modell wurde fortgesetzt. Schließlich kam es zu einer Änderung im Bundesrecht. „Es war ein Wunder, niemand hat gedacht, dass wir es bei den Behörden durchbringen.“I hm wäre wichtig, dass Schule heute bedürfnisorientierter funktioniert „und aufmunternder“. Allen, die ihn damals unterstützt haben, will der 80-Jährige „Danke“sagen. Bevor sich Nobis wieder seinen Hobbys widmet, meint er: „Es war nicht immer leicht, aber meine Erfahrungen haben mir gezeigt, dass Änderung möglich ist.“Und wenn ihn mittlerweile ehemalige Schüler auf der Straße ansprechen, spüre er, die Arbeit hat sich gelohnt.