„Ich kann mich nicht zerreißen“
Michael Kratzer (30) ist auf seiner Honda ein wilder Hund. Dennoch muss der Baierdorfer etwas kürzertreten. Am Ostermontag ist er in Paldau am Start.
Es ist der Blick hinter die Fassade, der dem Betrachter, dem Zuschauer, dem Fan meist fehlt, wenn der Held im Rampenlicht steht. Oft ist er gar nicht möglich. Doch abseits der Rennstrecken braucht es viel Kraft. Michael Kratzer ist ein wilder Hund und zeigt das mit seiner Honda-Motocross immer wieder. Doch vor wenigen Wochen wurde er ausgebremst. Es wurde ihm zu viel – körperlich und mental. „Wahrscheinlich hat es mit dem Stress und Erkrankungen zu tun.“Er nahm sich komplett heraus, ließ sich durchchecken, regenerierte und erhielt auch grünes Licht für die Saison und auch für Paldau.
Eine Woche vor seinem Heimrennen saß der 30-Jährige nun wieder auf dem „Moped“. Auch wenn die Vorbereitung nicht so lief wie geplant, fühlt er sich bereit. Und der Steirer ist immer für Spitzenplätze gut. Im Vorjahr belegte der Baierdorfer am Schoberberg die Plätze zwei und drei, 2022 gewann er ein Rennen. „Damals hatte ich während dem Rennen Gänsehaut bekommen, weil die Zuseher so unfassbar laut waren. Ich habe nicht einmal mein eigenes Motorrad gehört.“Das Rennen am Ostermontag motiviert ihn wieder.
Motorsport, sagt er, sei immer eine schwierige Geschichte. „Auch finanziell. Die Lage ist auch für die Firmen nicht sehr einfach. Sponsoren zu finden, ist schwieriger geworden. Das Budget aufzustellen, hat sich sehr lange hingezogen.“Monatelang sei er unterwegs gewesen, hat sein Netzwerk gepflegt, neue Kontakte geknüpft und viel Zeit investiert. Kurz wackelte die Saison, doch die Anstrengungen haben gefruchtet. „Ich bin nicht der Typ, der hinter jemandem herläuft, und ich will niemandem auf die Nerven gehen.“
Gelungen ist das neben dem Krafttraining und den Fahrten. Krankheiten bremsten ihn aus und trotzdem fuhr er immer wieder frühmorgens nach Italien, um stundenlang zu testen. „Der Tag hat dann einfach zu wenig Stunden.“Der Spaß, den er
in den vergangenen Jahren hatte, ist etwas verblasst. „Wenn man beim Fahren oder beim Training daran denkt, dass man gleich wieder losmuss, dann ist das nichts. Dann ist man nicht frei.“Nur zweimal hat er es im Winter geschafft, auf Skitour zu gehen. Ein Hobby, bei dem er Ruhe findet.
Jahrelang bewegte er sich an der Grenze, im Vorjahr überschritt er sie. Der Sturz in Oberdorf mit dem doppelten Beckenbruch war wohl eine Warnung, die er nicht als eine solche ansah. Schon nach drei Wochen fuhr er wieder. Er wollte es sich selbst beweisen. War stur. „Wenn es einer schafft, dann ich. Das war in meinem Kopf. Was das für eine Quälerei war und wie viele Tränen geflossen sind, hat keiner gesehen. Im Nachhinein gesehen, hängt das aber sicher nach.“Jetzt will er vorsichtiger sein, mit seinen Kräften haushalten. „Die Leute haben mich immer gefragt, wie ich das alles unter einen Hut bringe. Man will es sich nicht eingestehen, dass es zu viel ist. Weil es ja doch geht.“Die Ruhe der letzten Zeit habe ihm gutgetan. „Natürlich nehme ich die Saison ernst, aber ich nehme mir auch Zeit für mich. Ich kann mich nicht zerreißen.“