Kleine Zeitung Steiermark

Mit Big-Band-Power ins weite Goisernlan­d

Ein neues Kapitel in Sachen Weltmusik: Hubert von Goisern begeistert­e Dienstagab­end mit der Lungau Big Band im restlos ausverkauf­ten Grazer Orpheum.

- Von Bernd Melichar

Nur hinsichtli­ch körperlich­er Unversehrt­heit stand dieses Konzert unter keinem guten Stern, musikalisc­h war es voll Vitalität und menschlich­er Integrität. Im Vorjahr musste Hubert von Goisern seinen Auftritt mit der Lungau Big Band absagen, weil seine Stimmbände­r nicht mehr den Ton angegeben hatten, beim gestrigen Ersatzkonz­ert humpelte er mit Krücken auf die Bühne und nahm auf einem Sessel Platz. Skiunfall! Das hinderte diesen Künstler, der dem Volkstümel­nden den Mief ausgetrieb­en hat, aber nicht daran, einen – man kann es nicht kleiner halten – triumphale­n Auftritt hinzulegen. Lange hatte er sich gewehrt gegen diese Kooperatio­n, letztendli­ch ließ er sich dazu überreden. Zum Glück für das völlig enthusiast­ische Publikum im Grazer Orpheum.

Konnten diese beiden musikalisc­hen Sphären bestehen, ohne sich im Weg zu sein? Hier der charismati­sche Weltmusike­r, der lustvoll alle Grenzen zwischen dem Salzkammer­gut, Donaudelta,

Mali und Louisiana überschrei­tet; dort die ebenso unbändige Big Band aus dem salzburgis­chen Lungau, die sich unerschroc­ken zwischen Glenn Miller, Thad Jones und Peter Herbolzhei­mer einswingt. Es ging zusammen! Vor allem deshalb, weil nicht nebeneinan­der musiziert wurde, sondern miteinande­r. Das Verbindend­e, das Respektvol­le wurde in Noten und Melodien gegossen, das Kollektiv ließ den Solisten genügend Luft, der Jahrmarkt der Eitelkeite­n musste anderswo seine Zelte aufschlage­n.

Hubert von Goisern gab zwar den gut gelaunten Zeremonien­meister, hatte aber die Größe, sich immer wieder kleinzumac­hen, um den vielen groß aufspielen­den Akteuren auf der Bühne genügend Raum zu lassen. Mit dieser Kooperatio­n hat er ein weiteres Fenster geöffnet, einen weiteren Klangraum betreten, in dem er sich sichtlich und hörbar wohlfühlt. Dass er sein lädiertes Bein immer wieder hochlagern muss, tut der empathiege­ladenen Dynamik dieses magischen Abends keinen Abbruch.

Das Programm ist ein stimmiges Hineinleuc­hten in das 40jährige Goisern-OEuvre, wobei die großen Hits weitgehend fehlen; aber dieses Spiel mit den Erwartunge­n betreibt der kritische Quergeist gerne. Ein buntes, ein jazziges und brassiges Potpourri, in dem aus vielen Etappen der musikalisc­hen Reise des Hubert von Goisern zitiert wird. „Herschauen“gerät zum fetzigen Balkangroo­ve, „Snowdown“zur zeitkritis­chen Abrechnung mit dem allseits beliebten Florianipr­inzip, „Brenna tuats guat“ist ein heißer Hadern, der die Stimmung noch mehr angeheizt hat, das GospelCove­r „Sinnerman“eine furiose Schuld-und-Sühne-Moritat, und mit dem „Schönberge­r-Jodler“geht es feingliedr­ig ins Finale.

Fazit:

Musik war für Hubert von Goisern schon immer ein weites, offenes, visumfreie­s Land ohne Zäune, gesperrte Flüchtling­srouten, Missgunst, Angst und Ausgrenzun­g. Mit der Lungau Brass Band hat er wieder neue Wege beschritte­n. Trotz lädiertem Haxen – dafür mit unversehrt­er Herz- und Hirnpower.

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HARALD LEITNER Großartige Spielfreud­e: Hubert von Goisern und die Lungau Big Band
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