Training als Lebensaufgabe
Siegfried Steiner (64) hat 40 Jahre lang Menschen mit einer Sehbehinderung dabei unterstützt, ihren Alltag selbstständig zu meistern.
Sich ein Glas Wasser einzu- schenken oder die farblich passende Kleidung aus dem Schrank zu nehmen, ist für die meisten Menschen eine bei- läufige Selbstverständlich- keit. Für Menschen, die an ei- ner starken Sehbehinderung leiden, ist das nicht der Fall. Damit sie ihren Alltag selbst- bestimmt bewältigen können, braucht es vor allem eines – ganz viel Training. Ein Trai- ning, das Siegfried Steiner zu seiner Lebensaufgabe ge- macht hat. Denn als einer der Ersten in der Steiermark unterstützte er Menschen mit Sehbehinderungen dabei, Strategien zu erlernen, die ihnen den Alltag erleichtern. „Es geht in dem Training um lebenspraktische Fertigkeiten, etwa das Binden von Schnürsenkeln oder das Erkennen unterschiedlicher Münzen und Geldscheine“, erzählt Steiner. Besonders wichtig ist dabei Individualität. Denn jeder Mensch lernt in einer anderen Geschwindigkeit.
Um sich tatsächlich in die Situation von Menschen, die mit einer Sehbehinderung leben, hineinversetzten zu kön- nen, hat der 64-Jährige wäh- rend seiner Ausbildung in Hamburg viele der Tätigkei- ten selbst mit Augenbinden oder Simulationsbrillen ausgeführt.
Zurück in der Steiermark, setzte er neben dem
Training für
Kinder und Jugendliche mit einer Sehbehinderung auch auf Bewusstseinsbildung. Er ließ Besuchergruppen in die Welt von Menschen mit einer Sehbehinderung eintauchen. „Ich habe ihnen zunächst gezeigt, wie man blinde Menschen richtig führt. Beim Dinner im Dunkeln konnten sie sich dann selbst am Essen ohne zu sehen versuchen“, so Steiner, der in Markt Hartmannsdorf lebt.
Nun verabschiedet er sich nach 40 Jahren am Odilien-Institut in die Pension. Während er sich weiterhin sozial engagieren möchte, lässt er das Training erstmal ruhen. Allerdings: „Ich bin offen und schaue, was auf mich zukommt“, meint der dreifache Vater.