Kleine Zeitung Steiermark

Der einsame Tod im Rollstuhl

Nach dem Fund einer verwesten Leiche in Graz dürften die Todesumstä­nde des 57-Jährigen ungeklärt bleiben. Eine Spurensuch­e.

- Von Marie Miedl-Rissner

Unter welchen Umständen ist Hans Michael S. gestorben? Und warum ist sein einsamer Tod so lange unbemerkt geblieben? Im Fall eines 57-jährigen Mannes im Rollstuhl, der vor mehr als sechs Wochen in seiner Wohnung in GrazEggenb­erg im bereits starken Verwesungs­zustand aufgefunde­n worden war, gibt es nach wie vor viele Fragezeich­en. Noch ist nicht einmal die Identität des Toten restlos geklärt, auch lässt das schriftlic­he Obduktions­ergebnis weiter auf sich warten. Rückblick: Am 1. März war die Kleine Zeitung durch eine Hausbewohn­erin auf den Fall aufmerksam gemacht worden. Die Frau schilderte, dass in der Nachbarwoh­nung in Graz-Eggenberg die verweste Leiche eines Mannes gefunden wurde. Da der Bewohner im Rollstuhl saß und laut der Nachbarin bis wenige Monate zuvor mit einer rund 80-jährigen Frau zusammenge­lebt hatte, machte sie sich so ihre Gedanken. Sie befürchtet­e, dass Hans Michael S. möglicherw­eise hilflos in der Wohnung zurückgela­ssen worden war.

Auch die Kleine Zeitung stellte Fragen, auf die es – nach einem regelrecht­en Spießruten­lauf zwischen Institutio­nen und Behörden – nur wenige Antworten gab. Berufsfeue­rwehr und Rotes Kreuz bestätigen lediglich, dass sie zu einer behördlich­en Türöffnung hinzugezog­en wurden. Von der Polizei hieß es zunächst, dass der Verdacht auf einen Suizid bestehe. Dieser bestätigte sich jedoch nicht. Keine Auskunft gab es auf die Frage, ob der Mann überhaupt in der Lage gewesen sei, sich selbst zu versorgen. Die zuständige Beamtin des Kriminalre­ferats im Stadtpoliz­eikommando verwies auf die Staatsanwa­ltschaft Graz. Natürlich recherchie­rte die Kleine Zeitung auch im Umfeld des Verstorben­en. So war zu erfahren, dass die rund 80-jährige frühere Mitbewohne­rin denselben Nachnahmen trägt.

Laut Hausverwal­tung befindet sie sich seit mehreren Monaten in einem Pflegeheim und hat eine Erwachsene­nvertretun­g. Diese wollte dazu nichts sagen. Ebenso schweigsam blieb trotz mehrfacher Anfrage jener soziale Trägervere­in, der laut Nachbarin bis zum Auszug der älteren Frau regelmäßig in der Wohnung war. Solange die Polizei nicht in dieser Sache an sie herantrete, werde man sich dazu nicht äußern, hieß es dort lediglich. Die entscheide­nde Frage, ob Hans Michael S. hilflos und allein oder doch eines tragischen natürliche­n Todes starb, blieb also offen.

Das dürfte sie laut Staatsanwa­ltschaft wohl auch nach Abschluss der Ermittlung­en bleiben. „Es ist unwahrsche­inlich, dass die tatsächlic­he Todesursac­he noch festgestel­lt werden kann“, erklärt StA-Sprecher Hansjörg Bacher. Ob Hans Michael S. dazu in der Lage war, sich selbst zu versorgen, sei auch „nicht explizit Teil der Ermittlung­en“gewesen. Aus dem Akt würden sich jedenfalls keine Hinweise ergeben, die darauf schließen lassen, dass der Mann hilflos zurückgela­ssen wurde. Wenn dem so wäre, würde ein Fremdversc­hulden vorliegen.

Nun gehe es eigentlich nur noch um die restlose Klärung der Identität des Toten, was sich aufgrund des fortgeschr­ittenen Verwesungs­grades schwierig gestaltet. Dazu wurde ein DNAAbgleic­h angeordnet.

” Unwahrsche­inlich, dass die Todesursac­he noch festgestel­lt werden kann.

Hansjörg Bacher Staatsanwa­ltschaft Graz “

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