Der Herrgott und die schweren Jungs
Sie zieht sich ganz schön, die Herrgottwiesgasse – vom Herzen des Gries mit 292 Hausnummern bis nach Puntigam, dem jüngsten Bezirk von Graz.
Zuletzt fiel der öffentliche Blick auf die Herrgottwiesgasse, weil die Eichen-Alle im unteren Teil dieses Weges vorerst befristet zum „geschützten Landschaftsteil“erklärt wurde, und so für die Zeit, in der die Bäume ihr Laub tragen, auch der Schatten gesichert wurde. Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten, heißt es – also müsste dort, wo viel Schatten ist, auch viel Licht sein. Also marschieren wir mit Lilly diesmal durch die Herrgottwiesgasse, auf der Suche, nach dem Licht in dieser Gasse, das gar nicht so leicht aufzuspüren ist.
Vom Stadthistoriker Karl Kubinzky erfahren wir, woher der Name „Herrgottwiesgasse“überhaupt kommt: „Das Wort ‚Wies‘ hat nichts mit ‚Wiese‘ zu tun, sondern mit Leiden, Qual, auf eine Verehrung des gegeiselten Jesu beziehend.“Was aus dem bayerischen Raum zu uns kam und so auch einst zur Errichtung einer Kapelle „Herrgott in der Wies“an der Ecke zur Dornschneidergasse führte und zum Namen unserer heutigen Spaziergasse.
Heutzutage wirkt die Gegend verlottert. Aber einige Schmuckstücke finden sich doch. Wie der Wasserturm, der zum Schlachthof gehört. „Die große Anlage des städtischen alten Schlachthofes“, erzählt Kubinzky, „wurde 1876 eröffnet, verbunden mit einem Vieh- und Pferdemarkt. Zuvor waren Schlachtungen nur privat. Die erhalten gebliebenen Gebäude stehen unter Denkmalschutz.“Nicht in der Liste der denkmalgeschützten Gebäude findet sich das ehemalige Lustschloss von Erzherzog Karl II. von Innerösterreich, erbaut gegen Ende des 16. Jahrhunderts inmitten eines Tiergartens.
Zur Geschichte des einstigen hochfürstlichen Lustschlosses, per Adresse Herrgottwiesgasse 50, das heute längst als eine der großen Haftanstalten österreichweit bekannt ist, führt Kubinzky aus: „Es fand in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Arbeitshaus Verwendung. Als man den Schloßberg während der Franzosenkriege als Festung benötigte, wurde das dortige Gefängnis aufgelassen und die Karlau als Gefängnis aktiviert.“Derzeit sind 435 Verurteilte untergebracht.
So dunkel manche Bereiche der Herrgottwiesgasse sein mögen, so ist sie doch auch eine sehr grüne Gasse, mit Sportanlagen im südlichen Teil. Grün hält sich nun im Auslauf der Herrgottwiesgasse, wo die Eichen-Allee von Frühjahr bis Herbst ihre Schatten wirft.