Menschenbeobachter, Versicherungsbeamter
Tatsächlich: Thomas Maurer präsentiert die lustigen Seiten von Franz Kafka.
Im ausverkauften Theatercafé stellt Thomas Maurer gleich am Anfang klar: Bei „Maurer.Kafka.Komisch“handelt es sich um kein Kabarettprogramm. Vielmehr wolle er als Diener des vor 100 Jahren verstorbenen Dichters wirken und durch dessen Leben und Werk führen.
Erste Station dieser Lesereise: Schullektüre von „Die Verwandlung“bis „Der Prozess“. Ohne den ewigen Maturastoff endgültig erklären zu wollen, ergänzt ihn Maurer geschickt um Skurriles aus Kafkas Alltag, wie dessen kaum auszumalender Abneigung gegenüber Lärm. Im Verlauf des Abends wird die Textauswahl zunehmend obskurer und Maurer liest schließlich aus Kafkas Notizbüchern und Briefen. Bei Tagebuchaufzeichnungen von einem Sanatoriumsaufenthalt dürfen dabei neue alte Wörter gelernt werden: müllern, fletschern und prallen.
Maurers erklärtes Ziel, Kafkas komische, sprich lustige Seite zu zeigen, gelingt vollends. Daran hat der Diener des Dichters fast den größeren Anteil. Bei Maurer wird durch ein wenig Stimmeinsatz und Mimik aus dem sperrigen Literaten Kafka im Handumdrehen ein großartiger Menschenbeobachter. Plötzlich hat man das Gefühl, dass es in Kafkas Texten auch um etwas anderes gehen könnte als nur um Kafka selbst.
Aber auch die Mehrdeutigkeit des „jemanden komisch finden“lässt Maurer nicht unter den Tisch fallen. Indem er immer wieder einfühlsame Einblicke in das eigenwillige, von Pflichterfüllung und Selbstdisziplin geprägte Leben des Versicherungsbeamten
Kafka gibt, wurde spielend die letzte Gefahr gebannt, die so ein Abend mit sich bringen kann: dass man über und nicht mit Kafka lacht.
Mario Huber „Maurer.Kafka.Komisch“. Nächste Termine im Theatercafé: 28. und 29. Juni. hinwider.com