Uni Graz sammelt lateinische Inschriften
Latein wieder lebendiger machen, ist das Ziel des Projektes „Lidal“der Uni Graz. Eine europaweite Sammlung von Inschriften soll mithilfe der Bevölkerung entstehen.
Latein wird zwar nicht mehr aktiv gesprochen, dennoch ist die historische Basis zahlreicher moderner Sprachen auch heute noch allgegenwärtig. In Kirchen, historischen Gebäuden und an Denkmälern finden sich immer wieder Inschriften in der alten Sprache, Übersetzungen gibt es nicht immer. Ein Grund, weshalb Universitätsprofessorin Ursula Gärtner vom Institut für Antike an der Uni Graz das Projekt „Lidal“ins Leben rief – Lateinische Inschriften für digitales und außerschulisches Lernen.
„Die Plattform soll durch Einsendungen aus ganz Österreich und darüber hinaus zu einer Wissenssammlung mit verschiedensten Funktionen werden“, erklärt Gärtner. Beteiligen darf sich jeder. Wer eine lateinische Inschrift entdeckt, kann Fotos mithilfe eines Formulars an das Team übermitteln. „Die Einsender werden, wenn gewünscht, bei Veröffentlichung auch namentlich genannt und bekommen die Übersetzung zugesandt“, so Gärtner über das sogenannte Citizen Science Projekt, das von der Agentur für Bildung und Internationalisierung und dem Bildungsministerium gefördert wird.
Damit die Plattform auch für Bildungszwecke eingesetzt werden kann, werden die eingesendeten Inschriften mit einer zehnköpfigen Gruppe an Studierenden und Schülerinnen und Schülern übersetzt und für den Lateinunterricht aufbereitet. „Wir erarbeiten mit den Jugendlichen Fragestellungen, die sie als relevant empfinden, heben wichtige Grammatik und auch Vokabeln hervor“, so Projektmitarbeiterin Sally Baumann. „Am Ende soll alles eine schöne Form annehmen.“Die Plattform soll für Schulen fächerübergreifend funktionieren, so werden auch historische Informationen beigefügt, die Geschichte und Latein miteinander verknüpfen.
Auf der Plattform werden die Einsendungen aus ganz Europa auf einer Karte eingezeichnet. Dass auch der deutsche Raum mit dem Bundesland Brandenburg in das Projekt involviert wird, liegt an Gärtners Kontakten. „Ich habe vorher in Potsdam gearbeitet, deswegen beteiligen sich auch eine Schule und Kollegen der Uni Potsdam an dem Projekt. Allgemein ist es ein Ziel, das Projekt über die österreichische Grenze hinauszubringen.“Denn in Zukunft soll Lidal Nutzenden auch ermöglichen, Touren zusammenzustellen. „Wir haben bereits jetzt Einsendungen aus Frankreich und Polen“, so Baumann. „Die Tour-Funktion könnte in Folge nicht nur für Geschichtsinteressierte spannend sein, sondern auch den Lateinunterricht lebendiger gestalten“, ergänzt Gärtner.
Bereits jetzt merke das Team, dass die teilnehmenden Jugendlichen mit offeneren Augen durch die Welt gehen. „Vielen fallen Inschriften im Alltagsstress nicht auf, aber die Schülerinnen und Schüler haben uns rückgemeldet, dass man seine Umgebung ganz anders wahrnimmt“, sagt Baumann. Das gelte auch für die Studierenden, die sie an der Uni betreut. „Da werden im Urlaub mit der Familie Inschriften gesammelt, es ist auch etwas, das Brücken schlägt, weil man für das Sammeln allein keine Lateinkenntnisse braucht.“
Veröffentlicht werden soll die Plattform im August 2025, „wenn alles gut läuft, können wir aber eventuell früher online gehen“, so Gärtner. Deshalb freut sich das Team über jede Einsendung. „Je mehr Inschriften wir bekommen, desto breiter das Angebot, das wir bieten können.“