Mit roten Nelken gegen „41 Stunden“
Feier am Berg? Online-Kundgebung? Daran denken SPÖ und KPÖ am 1. Mai nicht mehr. Aber mobilisiert das auch die Steirer?
Musik, Kulinarik und bedeutungsschwangere Reden, die über Holzklapptische schwappen: Eine Zeit lang hatten Aufmärsche am 1. Mai, am Tag der Arbeit, Patina angesetzt und wirkten wie Überbleibsel einer Bewegung, die sich fast verzweifelt an erfolgreiche Zeiten klammert. Im Jahr 2012 gab die Grazer SPÖ vorübergehend die Straße auf und lud lieber zu einer Feier auf dem Schloßberg, in Coronazeiten musste man es bei Online-Bekundungen belassen.
Das ist heute undenkbar: Im Superwahljahr, im Windschatten aktueller Themen wie der 41Stunden-Woche und dem leistbaren Wohnen, haben Kommunisten wie Sozialdemokraten längst ihre Kundgebungen für Mittwoch organisiert. „Das ist heute notwendiger denn je“, wird unisono betont. Aber sieht das auch die Bevölkerung so? Mobilisiert man so noch Menschen?
„Wenn man den Leuten entgegenkommt, kommen sie auch zu einer solchen Veranstaltung. Weil sie dann sehen: Nicht nur mir geht es so“, ist Christine Braunersreuther überzeugt. Mit diesem „Geht es so“meint die Klubchefin der Grazer KPÖ vor allem „Care-Arbeit“, also Sorge- und Pflegearbeit daheim. „Ich beschäftige mich viel damit, nicht nur in der feministischen Blase. Und bei vielen Frauen ist eine irrsinnige Überlastung und Erschöpfung festzustellen.“Das sei aber nicht die einzige Folge der Pandemie. „Wie wir wissen, hat sich auch bei Jugendlichen dadurch viel verschoben“. Gerade deshalb lade die KP namens Parteichefin
Elke Kahr am 1. Mai zur Kundgebung auf dem Grazer Mariahilferplatz (10 Uhr), die nach dem Marsch durchs Zentrum am Eisernen Tor endet. Im Anschluss wird im Volkshaus gefeiert. Daniela Schlüsselberger sieht im Maiaufmarsch „vor allem ein Zeichen der Solidarität. So ein 1. Mai besteht für mich zu 99 Prozent aus Gesprächen mit Leuten, die genau deshalb kommen, um ihre Sorgen loszuwerden“, betont die Klubchefin der Grazer SPÖ. In Zeiten, wo man „allen Ernstes“über 41-Stunden-Wochen ohne Lohnausgleich nachdenke, brauche es dies mehr denn je. Auch um der KPÖ in Graz weder Straßen noch offene Ohren zu überlassen? Schlüsselberger: „Das machen wir völlig losgelöst von der KP.“Am Mittwoch wird sie mit der Grazer SPÖ-Chefin Doris Kampus und Landespar
teiobmann Anton Lang zur roten Nelke greifen und zum Frühstück beim Pavillon im Volksgarten laden, ehe man um 8.45 Uhr in Richtung Grazer Hauptplatz marschiert.
Graz ist freilich nicht der einzige Schauplatz. Landesweit sollen es 100 Termine sein, erklären die Roten stolz. SPÖLandeschef Anton Lang steht nach Graz auch „zu Hause“am Pult – in Leoben bei der großen Maifeier am Hauptplatz. Um 15 Uhr wird es den Sturm-Fan aber ins Auto ziehen, um es noch rechtzeitig zum Cupfinale nach Klagenfurt zu schaffen.
Am Dienstagabend ist Lang bei Bürgermeister Josef Wallner in Deutschlandsberg (Hauptplatz), während Josef Muchitsch in Frauental mitfeiert. Am Fackelzug auf den Schloßberg in Bruck/Mur nimmt Jörg Leichtfried
teil, am Feiertag ist er in Pernegg und Tragöß angekündigt.
Andere Parteien verteilen am 1. Mai ein kleines Dankeschön an jene, die am Feiertag arbeiten. Die ÖVP-Mandatare werden sich wieder mit Frühstück einstellen. Landeshauptmann Christopher Drexler wird in Hartberg-Fürstenfeld unterwegs sein und unter anderem Polizisten und RotKreuz-Mitarbeiter besuchen. Im Sackerl „sind Köstlichkeiten aus den steirischen Regionen wie Äpfel, Hartwurst und Gebäck“, so eine Sprecherin.
Die Freiheitlichen verteilen am Mittwoch unterdessen Merci-Schokolade, FPÖ-Landeschef Mario Kunasek und Landesparteisekretär Stefan Hermann sind in Graz-Umgebung unterwegs.