Böhmermann vor ein Gericht
Opposition, Künstler, Medien laufen Sturm: „Merkel vor Erdoğan eingeknickt“
Berlin. – Angela Merkel hat einer Strafverfolgung des deutschen Satirikers wegen eines Erdoğan-Schmähgedichtes zugestimmt
Deutschlands Innenpolitik steht Kopf! Die Regierung hat auf Antrag der türkischen Regierung die dazu notwendige Ermächtigung für eine Strafverfolgung des Satirikers Böhmermann erteilt. Seither steht sie im Kreuzfeuer der Kritik. Die SPD war dagegen, wurde aber in der Koalition von CDU/CSU überstimmt.
Bundeskanzlerin Merkel betonte in ihrer Erklärung, dass es sich bei der Ermächtigung „weder um eine Vorverurteilung des Betroffenen noch um eine vorgreifende Entscheidung über Grenzen der Kunst-, Presse- und Meinungsfreiheit“handle.
Merkel: „Im Rechtsstaat ist es nicht Sache der Regierung, sondern von Staatsanwaltschaften und Gerichten, das Persönlichkeitsrecht und andere Belange gegen die Presse- und Kunstfreiheit abzuwägen.“In Deutschland solle nicht die Regierung, sondern die Justiz das letzte Wort haben. Solche rechtsstaatliche Verhältnisse wünschte sie sich auch in der Türkei.
Grundlage der Entscheidung ist der Paragraph über Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes. Diesen Paragraph will die Regierung aber nun abschaffen.
Böhmermann droht wegen seines obszönen „Schmähgedichts“auf Erdoğan im Falle der Verurteilung eine Höchststrafe von drei Jahren. Rechtsexperten halten jedoch sowohl einen Freispruch als auch eine Geldstrafe für möglich.
Erdoğan hat auch als ein Privatmann über einen deutschen Anwalt Anzeige erstattet. So wäre es also auf jeden Fall zu einem Justizverfahren gekommen.
Das Donnerwetter aller Kritiker besonders in den sozialen Netzwerken blieb nicht aus. Die schärfste Opposition kommt von der Linkspartei (Ex-DDR): „Kuscheln vor einem Despoten ... unerträglicher Kotau ... Pressefreiheit geopfert ... Kriechen vor Erdoğan ... Merkel opfert das Grundgesetz in Deutschland dem Strafverfolgungswahn von Erdoğan.“
Lassen wir die Kirche im Dorf. Wer eine solche Obszönitätenorgie dichtet, muss auf jeden Fall mit der Justiz rechnen. Der Satiriker hatte das selbst so beurteilt: „...eigentlich verboten“. Deutschland ist ein Rechtsstaat, auch wenn ausgerechnet ein Erdoğan bei der deutschen Justiz Hilfe sucht. Und falls diese unabhängige Justiz einen Freispruch fällt, dann ist er zu respektieren. Dann ist aber für alle eine neue Qualität von Beleidigungen erlaubt. Ob das auch eine bessere Lebensqualität brächte?