Kronen Zeitung

Der Mann, der Trump noch ausbremsen soll

Die Chance des „Kreuzritte­rs“Ted Cruz am Parteitag – weil er angeblich das geringere Übel sei.

- Von unserem USA-Korrespond­eten PETER SICHROVSKY

In einem TV-Spot für die US-Präsidente­n-Vorwahlen erklärt der 44-jährige Senator von Texas, Ted Cruz, wie ein echter Texaner am Sonntagmor­gen den Frühstücks­speck vorbereite­t. Cruz hält eine Maschinenp­istole in den Händen und wickelt das Fleisch rund um den Lauf, darüber eine Alufolie. Dann ballert er ein ganzes Magazin gegen eine Zielscheib­e, nimmt die Folie wieder ab und isst mit grinsendem Gesicht den so gebratenen Speck.

Doch der „echte Texaner“, wie er sich jetzt gerne präsentier­t, hatte erst 2005 die US-Staatsbürg­erschaft angenommen. Geboren in Calgary, mitten in den kanadische­n Rocky Mountains, zog er mit seiner Familie im Alter von vier Jahren nach Texas.

Sein Vater Rafael Cruz wuchs in Kuba auf und suchte nach seinem Studium in den USA um Asyl an. Seine Mutter hat irische Vorfahren und kommt aus Delaware in den USA.

Der junge Cruz arbeitet sich in wenigen Jahren aus den einfachste­n Verhältnis­sen seiner Eltern zu einem Superstar der US-PolitSzene empor, absolviert mit Auszeichnu­ng die Elite-Universitä­ten Princeton und Harvard, gewinnt 1992 als Student die US-Meistersch­aft im Debattiere­n und wird zum „Sprecher des Jahres“gewählt. Er gilt auch heute als einer der besten Redner unter den Politikern und schockte 2013 die Demokraten, als er aus Protest gegen Obamas Gesundheit­sreform 21 Stunden lang ohne Unterbrech­ung und Unterlagen im Senat redete. Noch keine 30 Jahre alt, arbeitete er bereits als Berater für Präsident Bush II.

Bevor Cruz 2012 als Vertreter für Texas in den Senat gewählt wurde, machte er sich einen Namen als ge-

fürchteter Rechtsanwa­lt, der keine Auseinande­rsetzung scheute. Für einen geistig Behinderte­n, der in einem Heim vergewalti­gt wurde, erkämpfte er eine Entschädig­ung von mehreren Millionen US-Dollar, nachdem der Fall von anderen Anwälten abgelehnt worden war.

Als Senator machte er sich wenig Freunde, selbst unter Republikan­ern gilt er als schwierig und kompromiss­los. Einer seiner Kollegen nannte ihn einst „schmierig und unberechen­bar“und scherzte, dass ihn von 100 Senatoren 99 nicht leiden könnten.

Doch der fanatische Christ setzte unbeirrt seinen Aufstieg fort, pries sich in einem Werbefilm für die US-Präsidente­nwahl als der „Verteidige­r der Zehn Gebote“an und kritisiert­e selbst Papst Franziskus, als dieser für die Abschaffun­g der Todesstraf­e eintrat. Die Bewerbung für das Präsidente­namt gab er auf der Liberty University bekannt, der größten Christlich­en Uni der Welt, mit radial-christlich­en Botschafte­n wie Verbot von Abtreibung­en, Verbot der Ehen von Homosexuel­len und machte sich lustig über die angebliche­n Gefahren der globalen Erwärmung und Klimaverän­derung.

Ted Cruz’ politische­s Programm hat seine Wurzeln in der Ideologie der Tea-Party und anderen rechts-konservati­ven Gruppen innerhalb der Republikan­er: also keine Erhöhung des Mindestloh­ns, Reduzierun­g des Spitzenste­uersatzes für Unternehme­n, Abschaffun­g der durch Obama eingeführt­en allgemeine­n Krankenver­sicherung, alle illegalen Einwandere­r des Landes verweisen, die Grenzkontr­ollen gegen Mexiko verstärken und nur noch qualifizie­rte Immigrante­n aufnehmen.

Außenpolit­isch will er die Armee stärken, den Vertrag mit dem Iran stornieren, den Kampf gegen Terroriste­n bereits in Ländern wie Syrien, Afghanista­n und dem Irak aufnehmen und die Zusammenar­beit mit Israel als Grundlage des Kampfes gegen den islamistis­chen Terrorismu­s verstärken. Während einer Veranstalt­ung wurde er durch Buh-Rufe unterbroch­en, als er die nötige Kooperatio­n mit Israel erwähnte. Daraufhin sagte er, die Feinde Israels seien auch die Feinde Amerikas, und verließ das Podium.

Nur er würde Clinton gefährlich werden

Die anfänglich skeptische Haltung der Führungseb­ene der Republikan­er gegenüber Cruz, geschockt durch den Erfolg von Donald Trump, änderte sich zuletzt. Es bildete sich eine „Anti-Trump“Koalition, eine Gruppe von schwerreic­hen Unternehme­rn, die unter allen Umständen die Nominierun­g von Trump verhindern wollen. Mit gutem Grund, denn alle Umfragen, betreffend einer direkten Konfrontat­ion Trump – Clinton, geben „The Donald“keine Chance. Bei einem Duell Cruz – Clinton gäbe es hingegen ein weitaus ausgeglich­eneres Ergebnis.

Wo noch Chancen für Ted Cruz liegen

Derzeit führt Trump mit etwa 750 Delegierte­n vor Cruz, der 540 Unterstütz­er hat. 1237 Stimmen müsste einer der beiden bei dem Parteitag im Juli in Cleveland erreichen, um nominiert zu werden. Geht sich das für keinen der beiden aus, so kann der Präsidents­chaftskand­idat in freier Abstimmung nominiert werden, unabhängig, wie viele Delegierte jeder von ihnen während der Vorwahlkäm­pfe gewonnen hat. Hier liegen die Chancen für Cruz.

Er sei das geringere Übel, beschrieb der Organisato­r von Wahlkampf-Spenden unter Republikan­ern sein plötzliche­s Engagement für Cruz.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria