Kronen Zeitung

Bei so einem Preis

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„Wie doch das Leben spielt“, sagte der Bezirksric­hter. „Gestern hatten wir eine Verhandlun­g, weil wegen eines Hundes ein Weinkeller leer blieb; heute klagt ein Gastwirt, dessen Lokal bis auf den letzten Platz gefüllt war!“

„Wenn de Leit zahln, bin i sehr glücklich, wenn mei Lokal überfüllt is“, sagte der Gastwirt Hans Ö. als Kläger.

„Aber wenn de Leit nur einekumman, weil’s glauben, sie kriagn bei mir alls gschenkt, dann is natürlich oha. I stell damals z Mittag de Teller auf, auf jedn Tisch zwa, weil mehr Mittagsgäs­t hab i nie, auf amal kumman von der Gassn in Scharen de Leit eine. Grüaßn mi freundlich, klopfn ma auf de Schulter, sagn: ,Bravo, bravo, wenigstens a Mensch, der was gegen de Teuerung tuat!‘ und bestelln se alle üppige Mahlzeiten. Schnitzln mit gmischtn Salat, Hendln, a Schweinern­s, und de allerbeste­n Nachspeise­n. Mir wars recht. I hab glei mei Frau auf Trab bracht, und dann hamma zum Ausspeisn angfangt.

Dann wolltn de erstn zahln, i leg eahna de Rechnung hin, schaun’s mi bled an. I schau bled zruck, sagt aner: ,Wiaso rechnen Se für a Schnitzl zehn Euro, wann S es draußn mit drei angschrieb­n habn?‘

I renn ausse, lahnt bei mein Schanigart­n a schwarze Tafl, auf der is gstanden: ,Frittatens­uppe 1,- , Wiener Schnitzel 3,-, Brathühnch­en 3,-, Linzer Torte 1,- und so weiter, und so weiter. Lauter Fantasiepr­eise, wia aus an NestroyStü­ckl. Mir is ganz schlecht wurdn. Wia i dann genauer hingschaut hab, hab i gsehn, dass des a uralte Tafl ist, auf der seinerzeit mei Vater de SchüllingP­reise angschrieb­n hat; vur fünfzig Jahrn, wia i no a junger Bursch war. De Tafl muaß am Bodn glahnt sein, wia de obekumma is, waß i net.“

„Tan S net lüagn“, sagte der Angestellt­e des Gastwirtes als Zeuge. „Se habn ma an dem Tag angschafft, dass i den Bodn entrümpeln tua, Se habn gsagt, i soll de ganze Kramure aufs Trottoir stelln, de Müllmänner werdn’s mitnehma. De Tafl hab i gegen a Latern glahnt; aus Pietät, weils von guatn Herrn Vattern war. De Gäste wolltn den richtigen Preis net zahln.“

Der Richter riet zu einem Vergleich: Der Wirt erhält jetzt den Selbstkost­enpreis.

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