Kronen Zeitung

Wo sollen die Tausenden Migranten wohnen, Herr Stadtrat?

„Die Neuen müssen sich hinten anstellen“, sagt Michael Ludwig (SPÖ) im „Krone“-Interview

- Interview: Richard Schmitt

Monat für Monat erhalten derzeit Hunderte in Wien lebende Flüchtling­e einen positiven Asylbesche­id und somit auch das Anrecht auf eine geförderte Wohnung. Die „Krone“konfrontie­rte deshalb Wohnbausta­dtrat Michael Ludwig (SPÖ) mit Fragenüb erden W oh nungs markt. Und wir wollten wissen, ob es sich die Wiener SPÖ nicht doch etwas zu bequem macht.

Herr Stadtrat, mehr als 20.000 Flüchtling­e leben bereits in Wien, die meisten von ihnen haben bald das Anrecht auf eine geförderte Wohnung – wo finden sie eine?

Es stimmt, dass immer mehr Menschen auf den Wohnungsma­rkt kommen – und deshalb ist mir eins besonders wichtig: dass diejenigen, die schon länger in unserer Stadt leben, einen Heimvortei­l bei der Vergabe haben. Dieser Wien-Bonus hat sich bewährt. Also jene, die jetzt kommen, müssen sich hinten anstellen. Im Supermarkt geht das ja auch nicht, dass man sich einfach vordrängt.

Trotzdem werden jetzt dringend mehr günstige Wohnungen benötigt, um Obdachlosi­gkeit zu verhindern.

Wien baut sehr viel, wir haben uns aber vorgenomme­n, ab 2017 die Neubauleis­tung um ein Drittel zu steigern. Dadurch bringen wir pro Jahr 13.000 Wohnungen auf den Markt. Auch die Anzahl der geförderte­n Wohnungen soll um ein Drittel steigen.

Ist mit dieser Bauleistun­g tatsächlic­h der Bedarf zu decken? Braucht es bei dieser massiven Zuwanderun­g nicht auch mehr Initiative der Bundesregi­erung?

Es wurden bereits unter Kanzler Faymann Maßnahmen gesetzt. Der Bund ist dabei, eine eigene Wohnbauban­k einzuricht­en, das wird noch weitere Mittel bringen. Durch erste Maßnahmen können wir jetzt schon 50 Millionen Euro in Anspruch nehmen.

Der Zuzug nach Wien war

in den vergangene­n Jahren sehr stark, wie sieht’s für heuer aus?

Wir gehen davon aus, dass wir auch in diesem Jahr auf einen Netto-Zuzug von 25.000 bis 30.000 Menschen kommen.

Werden damit die Mieten auf dem privaten Wohnungsma­rkt nicht noch schneller steigen?

Dazu brauchen wir jetzt rasch ein neues transparen­tes Mietrecht durch den Bundesgese­tzgeber. Und wir verfolgen auch neue Ideen für mehr Wohnraum in der Stadt – Stichwort: Dachgescho­ßausbau. Da haben wir ein Potenzial von 25.000 bis 30.000 Wohneinhei­ten.

Vor einiger Zeit hat’s von Vizebürger­meisterin Vassilakou eine Initiative gegeben, die Mietpreise einzufrier­en, um die Wohnkosten zu reduzieren. Aber wird jetzt nicht die aktuelle Gebührener­höhung zum Teuerungs-Turbo?

Wenn wir den hohen Standard der Leistungen der Stadt erhalten wollen, dann ist es notwendig, in die Infrastruk­tur zu investiere­n.

Apropos Leistung: Lässt man als Wiener SPÖ der FPÖ zu viel Raum im politische­n Alltagsges­chäft?

Meine Meinung ist klar: Wenn’s ein Problem gibt, soll man sich damit beschäftig­en. Dabei ist unerheblic­h, was die FPÖ dazu sagt. Da gibt’s manchmal in der SPÖ die Sorge, wenn man sich mit dem Thema Sicherheit beschäftig­t, dass man ähnliche Positionen wie die FPÖ vertritt. Diese Sorge habe ich nicht. Wir haben etwa die neue Hausordnun­g eingeführt. Auf Regeln zu pochen ist notwendig, um auf der Seite jener zu stehen, die zu den Schwächere­n zählen.

Und liefert die Wiener SPÖ als Regierungs­partei genügend Ideen? Ist man mit sich so zufrieden?

Na ja, das könnte schon so sein – wenn Wien in Studien und in allen Städteverg­leichen an der Spitze liegt, kann das natürlich dazu verführen, dass man zufrieden mit dem ist, was wir erreicht haben. Aber wir sollten uns auch mit den großen Problemen auf dem Arbeits- und Wohnungsma­rkt auseinande­rsetzen – auch gemeinsam mit der Opposition.

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Wohnbausta­dtrat Michael Ludwig.
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SPÖ-Stadtrat Ludwig (re.) mit Richard Schmitt („Krone“)

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