„Fälschen ist jetzt gar nicht mehr notwendig“
Auch Russland wählt – und dazu hat Putin eine patriotische Hysterie entfacht.
Noch nichts vom Wahlkampfgetöse bemerkt? Nein, nicht vom österreichischen, sondern vom russischen. Kein Wunder, es gibt gar keinen Wahlkampf, aber es gibt Parlaments-Wahlen am 18. September.
Von Wahlfieber kann überhaupt keine Rede sein. Aus Stalins Zeit stammt der Spruch: Wichtig ist nicht, wer was wählt, wichtig ist, wer zählt. So war die letzte Parlaments-Wahl vor fünf Jahren die schmutzigste in der Geschichte des neuen Russlands gewesen; aber für die kommende Wahl trifft die Bezeichnung „Wahl“gar nicht mehr zu.
Kremlchef Putin hat die politische Landschaft durch eine patriotische Hysterie chloroformiert. Stichwort: Bedrohung rundum, westliche Verschwörung gegen Mütterchen Russland von der Ukraine bis zu Olympia. Die Staatsmedien orgeln höchste Verteidigungsbereitschaft; Militärmanöver hie, Militärmanöver da. Der Westen, eh klar die NATO und die Sanktionen, sind so ziemlich an allem schuld, auch am sinkenden Lebensstandard.
Echte Oppositionspolitiker sind auf die eine oder die andere Weise ausgeschaltet und durch Marionetten-Oppositionelle ersetzt worden. „Daher ist Fälschen gar nicht mehr nötig“, meint ein Kremlexperte.
Protestgeist in die Flasche zurückgedrängt
So etwas wie die Massendemos nach der letzten Wahl will dem Kremlchef nicht wieder passieren. Nach diesen Demos waren dann die nationalkonservative Wende und die Repression durch 35 neue Unterdrückungsgesetze gefolgt.
So konnte Putin den Protestgeist in die Flasche zurückdrängen. Zur neuen Wahl inszenierte der Kreml eine Anti-Korruptionskampagne. Vorsichtshalber wurde jetzt auch das letzte unabhängige Politikund MeinungsforschungsInstitut Lewada zu einem „ausländischen Agenten“und damit Staatsfeind erklärt.
Mit Affen hat Wladimir Putin 2011 die Zehntausenden Demonstranten verglichen, die massive Fälschungen bei der Dumawahl kritisierten. Wenn die Russen am 18. September ein neues Parlament wählen, erwarten Experten keine Proteste wie damals. Putin und die Kremlpartei Geeintes Russland sitzen fest im Sattel.
Die Reste von Opposition sind zerstritten. Putin hingegen stützt sich in Umfragen auf rund 80% Beliebtheit.