Gefangen in der Drehtüre
„Der Unfall ist technisch unerklärlich“, sagte ein Sachverständiger vor Gericht aus. „Eine Drehtür darf einfach nicht stecken bleiben! Wird eine Drehtür im Sinne des Uhrzeigers bewegt, dann dreht sie sich sehr leicht. In entgegengesetzter Richtung zumeist etwas schwerer. Aber stecken bleiben – das darf nicht sein!“
„Darf, darf“, murrte der Kläger. „So a Tür fragt net, obs derf oder net. Bei uns im Kaffeehaus is halt steckn bliebn. Und zwar in dem Augenblick, wia i ins Lokal einegeh wollt. I war grad zwischen zwa Flügln, mit anmal is nimmer vire und nimmer zruck ganga. Über a Stund lang war i in dem dreieckigen Käfig eingsetzt. Und des grad no zu der Zeit, wos im Fernsehen den Super-G in Gröden übertragen habn! Der Kaffeesiader muass ma a Entschädigung zahln, des is amal evident!“
„Dem Herrn steht auf jeden Fall a seelisches Schmerzensgeld zua“, sagte ein Kaffeehausgast als Zeuge. „Wäu er hat in dem engen Gefängnis alle Sünden ohbüßt. Wia in an gläsernen Turnstückl is er dagstandn und hat wia a großer Karpfn aus an Aquarium auf uns hinausgeblickt. Des ganze Kaffeehaus hat an seiner Befreiung gearbeitet, aber de Tür hat se net grührt.“
„Mir haben getan, was in unserer Macht gstandn is!“, erklärte der Lokalbesitzer. „Mei Kellner is auf an Stockerl gstandn und hat dem bedauernswertn Herrn a Stamperl nachn andern bei einem schmalen Spalt hineingereicht, gratis natürlich. Sogar unsern Farbfernseher hamma dem Herrn in Sichtweite gerückt, damit er ja den Super-G net versamt.“
„Aber was!“, rief der Kläger. Glaubn S, i bin zu Ihna kumma, damit i ma durch a Tür den Super-G anschaun kann! Se hättn sofort de Feuerwehr verständigen müassn! Und net a Stund lang mit de Gäst umadumtuan! Sie wollten kein Aufsehen erregen, damit dem lieben Geschäft kein Schaden entsteht! Wann net mei Tarockpartner, a Glasermaster, mitn Glasschneider kumma war und de Scheibn außegschnittn hätt, sitzert i heut no zwischen der Tür.“
Der Lokalbesitzer bot dem Kläger ein sechswöchiges kostenloses Frühstück als Entschädigung an. Der Gast war damit einverstanden.