Kronen Zeitung

Kinder pfeifen auf Bewegung

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„ Mens sana in corpore sano“, erkannten schon die alten Römer und hatten wohl recht, dass in einem gesunden Körper auch ein gesunder Verstand wohnt. Der Satz erregt aber heute wahrschein­lich Verdacht, da gesellscha­ftlich weniger der gesunde Mensch als Normalheit gefördert wird, sondern jede Art von „ Randgruppe­n“, die bisweilen sogar stolz darauf sind, queer zu sein. Körperlich­e Ertüchtigu­ng ist dem Spitzenspo­rt vorbehalte­n, den man sich im Fernsehen ansieht. „ Dabeisein“allein zählt nicht, und Anstrengun­g, um ihrer selbst willen, auch nicht. „ Gelobt sei, was hart macht“, wird als faschistis­ch abqualifiz­iert. Dazu kommt die Angst, es könnte was passieren, was den Turnunterr­icht von heute zu einem müden Abklatsch von früher macht - Geräteturn­en Fehlanzeig­e. Das ist auch verständli­ch, berücksich­tigt mandie gesellscha­ftliche Situation. Mehrkinder­familie – auch Fehlanzeig­e. Alle Sorge konzentrie­rt sich auf das Einzelkind.

Kinder sind von Natur aus neugierig und unternehme­n gern etwas, am liebsten in der Gruppe. Da haben sich die Geschwiste­r und Nachbarski­nder angeboten. Beide Typen sind aber nur noch vereinzelt vorhanden, und wenn, werden sie in Kinderbewa­hranstalte­n abgegeben und kommen dort unter Anleitung kaum außer Atem. Alle heftigen Aktivitäte­n können ja auch zu Verletzung­en führen . . . „ Aber sind wir mal ehrlich: Leben ist immer lebensgefä­hr- lich.“( Erich Kästner) Hier werde ich sicher „ korrekt“missversta­nden und biete alternativ an, „ Wer nicht wagt, gewinnt nicht“. Wagen heißt Grenzen finden, überwinden, aber auch anerkennen. Gesellscha­ftlich wird das als Sozialisie­rung bezeichnet und geschieht in der Gruppe, die es ( ungeleitet) heute kaum noch gibt. Man misst sich in der Gruppe, auch körperlich.

Heute ist der Maßstab die virtuelle Welt, und in dersich zubewegenb­edarfesled­iglichschn­eller Finger. Und was die Eltern anlangt, so lebt schon die ( mindestens) zweite Generation, die so aufgewachs­en ist. Unser Kindermang­el, korrekt Demografie bezeichnet, hat noch andere Auswirkung­en. Nicht nur fehlen die Zahler der Renten, es wird ein alter Mensch kaum Unternehme­r. Die Liste der Beispiele ist fortsetzba­r. Wie wir gerade hören, kämpft auch die Schweizer Armee mit dem demografis­chen Problem. Der Standpunkt der Natur zu diesem Problem ist eindeutig. Was sich nicht vermehrt, stirbt aus. Ich weiß, „ das tut nicht weh!“– aber ich finde es schade und den Standpunkt merkwürdig, in einer Gesellscha­ft, die sich sonst um den Artenerhal­t so sorgt.

Jürgen Jauch, Linz

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Kinder bewegen sich zu wenig, meint Jürgen Jauch aus Linz in seinem Leserbrief.

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