Kronen Zeitung

du schon sterben?“

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musst du schon sterben?“, fragt mich meine Jüngste. Sandra. Ich schüttle den Kopf. Mein Sohn nimmt mich in den Arm. Die ältere Tochter erduldet ihren Schmerz. Tränen. Stille.

Niemand darf sehen, wie schlecht es mir geht

Oktober 2011: Die OP ist vorbei. Befundbesp­rechung. Gewissheit. Der Knoten war bösartig. Der Krebs hat bereits gestreut. Die linke Brust wurde entfernt. Sterben. Ich denke daran. Tod. Panik. Ich habe keine Zeit zum Sterben. Ich habe drei Kinder, die noch nicht fest genug im Leben stehen. Ich wünsche mir Enkel. Später. Es gibt noch vieles zu tun. Ich hole mir den Satz der Ärztin ins Gedächtnis. Schritt für Schritt. Schritt für Schritt. Wie ein Mantra. im Öffentlich­en Dienst. Meine Verpflicht­ungen ziehe ich durch. Schritt für Schritt. Sich gehen lassen ist keine Option. Niemand darf sehen, wie schlecht es mir geht. Ich gebe die Starke, will keinen belasten. Zum Weinen gehe ich ins Schlafzimm­er. Einsamkeit. Jeden Tag spaziere ich zu einem Wasserfall. Das Rauschen beruhigt mich, kräftigt. Schritt für Schritt.

Ich lerne „ Nein“zu sagen und mich zu entspannen

November 2011: OP im LKH Graz. Sie dauert acht Stunden. Noch mehr Brust wird entfernt. Auch die Brustwarze. Dann Rekonstruk­tion der Brust. Tätowierun­g der Brustwarze. Danach Komplikati­onen im Aufwachrau­m. Ich habe eine Lungenembo­lie. Not- OP. Am nächsten Tag sagen die Ärzte, die Eingriffe waren noch nicht genug. Ich muss eine Chemo- Therapie machen. Zerstörte Hoffnung. Zweifel. Angst. Die Frage: Warum ich? Ich kämpfe um Haltung.

Dezember 2011: Chemothera­pie im Drei- WochenRhyt­hmus. Haarausfal­l. Übelkeit. Ich mache meinen Job von daheim aus.

Frühjahr 2012: Es ist vorbei. Ich kann nur abwarten. Hoffnung, dass der Krebs wegbleibt. Schritt für Schritt zurück ins Leben. Umdenken. Ich entspanne in der Hängematte – auch wenn die Wäsche noch nicht gebügelt ist. Ich lerne „ Nein“zu sagen. In der Arbeit nehme ich mich zurück. Ich verreise mit meinem Mann. Nur wir zwei.

April 2017: Ich bin seit fünf Jahren krebsfrei, gelte als geheilt. Ich habe die Krankheit besiegt. Schritt für Schritt.

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Der Wasserfall wurde für Gudrun Hammer ein Kraftplatz. Oben links: mit Mann Heinz.
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