Kronen Zeitung

Tore im Terror

Die Weltsporta­rt Fußball als Angriffszi­el Im Irak gilt das Spiel als Zeichen für Hoffnung auf baldige Normalität

- Clemens Zavarsky

Die Stadt Iskandariy­a, 60 Kilometer südlich der irakischen Hauptstadt Bagdad. Im zweiten Golfkrieg hatte die Gegend den Spitznamen „ Dreieck des Todes“. Vor ziemlich genau einem Jahr, im März 2016, sprengte sich ein Selbstmord­attentäter im al-Shuhadaa- Stadion während der Pokalüberr­eichung nach einem Fußball- Turnier in die Luft. Riss 41 Menschen mit in den Tod. Die meisten davon 10- bis 16jährige Buben. Eine von bis dato sechs bekannten Attacken auf Fußballer im Irak.

Das runde Leder ist hier zentraler Bestandtei­l des Lebens. Auf dem Weg von Bagdad nach Kerbala sind am Rande der Autobahn zahlreiche behelfsmäß­ige Fußballplä­tze zu sehen. Oft besteht das Tor nur aus zwei Autoreifen. Kaum bricht die Dämmerung an, und die Temperatur sinkt auf rund 30 Grad, rollt der Ball. „ Psychisch ist es eine schwere Belastung. Zu wissen, dass es jeden Tag vorbei sein kann. Beim Fußball vergessen viele den Alltag“, sagt Khalid, Trainer des Zweitligis­ten Al Zubayr, im Gespräch mit der „ Krone“.

Fußball suggeriert Normalität. Gibt Hoffnung. Selbst in Ostmossul wird wieder Fußball gespielt. „ Am Westufer des Tigris wird geschossen. Hier im Osten geht es bereits ins Elferschie­ßen“, erzählt der französisc­he Journalist Fache Wilson zynisch.

Mit Normalität wird dem Terror begegnet: „ Was sollen wir denn sonst tun?“, fragt Hassanin, Journalist und Hobbyfußba­ller. „ Verkrieche­n und auf den Tod warten? Hätte Deutschlan­d so zehn Jahre nach dem 2. Weltkrieg die Weltmeiste­rschaft gewonnen?“

Bis dahin ist es für den Irak noch ein weiter Weg. Die Ankunft in Basra zeigt, dass man es ernst meint.

500 Millionen Dollar für ein Stadion

Drei gelangweil­t dreinblick­ende Soldaten sehen auf, als wir auf das versperrte Tor

zusteuern. Wir wollen ins Stadion. Schulterzu­ckend öffnen sie das Tor.Tor Der Rasen im Basra Internatio­nal Stadium ist frisch gemäht. Das Bauwerk monumental.

Über 500 Millionen Dollar hat die Regierung für den Sportkompl­ex ( inklusive eines zweiten Mini- Stadions für 20.000 Zuschauer und vier Fünfsterne- Hotels) ausgegeben. 2013 wurde es fertiggest­ellt. In der Hoffnung, der Irak werde Austragung­sort des Golf- Cups. Der IS verhindert­e das.

Nun steht in Basra ein Stadion für 68.000 Zuschauer. Und wird nicht bespielt.bespielt Auf dem Nebenplatz kickt der lokale Klub Naft al- Janoob. Beim Spiel gegen Karkh Bagdad verirren sich 2000 Zuschauer ins Stadion. Das Nationalte­am muss wegen der politische­n Lage Heimspiele in der Fremde antreten. Fußball ist aber mehr. Fußball ist Hoffnung. Fußball ist Normalität. „ Die stärkste Waffe gegen den IS“, sagt Hassanin. Er behält hoffentlic­h recht.

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ein, wird auf den irakischen Fußballplä­tzen dem Leder nachgejagt Kaum br ich tdie Dämmer ung
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Akt uel l eBil der aus Mossul: Selbst die irakischen Ant i- Terror- Einheiten kicken in den wenigen S t unden Freizeit einen Fußball durch den bereits von den Terrorist en des Isl amisch en S t aats befreiten Ostteil der S t adt. Die Wach mann - sch...

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