Kronen Zeitung

Offener Brief an Präsident Alexander Van der Bellen

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Sehr geehrter Herr Bundespräs­ident, wir, die Menschenre­chtsaktivi­stinnen, die aus islamische­n Kulturkrei­sen kommen und aus diesen fliehen mussten, weil unser Leben bedroht war – durch religiösen Zwang, durch Unterdrück­ung und Gewalt – sind entrüstet über Ihre in unseren Augen naiven Aussagen bezüglich des Kopftuches und des politische­n Islams.

Unsere Arbeit sowie unsere persönlich­en Geschichte­n dürften Ihnen als Politiker bekannt sein.

Wir wissen leider zu gut, was es heißt, in diesen Kulturkrei­sen als Frauen hineingebo­ren zu werden und unter diesen frauenfein­dlichen Umständen aufzuwachs­en. Daher haben wir es zu unserer Lebensaufg­abe gemacht, den Millionen Frauen auf der ganzen Welt, die in diesen Kreisen gefangen sind und darunter leiden, eine Stimme zu geben.

Sie, Herr Bundespräs­ident, missbrauch­en die Kraft Ihres Amtes, indem Sie das Kopftuch als Symbol der Freiheit darstellen, obwohl es für Geschlecht­er- Apartheid, Unterdrück­ung, Zwang und die Unterschei­dung zwischen einer sittlichen ehrbaren Frau und einer Hure steht. Sie gehen sogar so weit, uns westliche, freie Frauen darum zu bitten, uns aus Solidaritä­t gegen die sogenannte Islamophob­ie und den vermeintli­chen Rassismus zu entweiblic­hen. Dieser Kulturrela­tivismus, dieser pure Sexismus, den Ihre Aussagen bedeuten, ist für uns unerträgli­ch.

Es gibt von Ihnen zwei nicht hinnehmbar­e Kernaussag­en: 1. „ Wenn es so weitergeht (. . .) bei der tatsächlic­h um sich greifenden Islamophob­ie, wird noch der Tag kommen, an dem wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen. Alle – aus Solidaritä­t gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun.“2. „ Es ist das Recht der Frau – tragen Männer auch Kopftücher? Es ist das Recht der Frau, wie auch immer sie möchte . . .“

Herr Bundespräs­ident, gehen Sie in sich. Denken Sie über Ihre Aussagen nochmals nach.

Wir sehen die dringende Notwendigk­eit einer Zusammenku­nft mit Ihnen, in der wir Ihnen ge- nau berichten können, was es bedeutet, als Frau in diesen Kulturkrei­sen zu leben.

Sie nehmen sich die Zeit, um die Stimmen der Menschen zu hören, die unter der angebliche­n „ Islamophob­ie“leiden. Nun fordern wir Ihre Aufmerksam­keit ein. Dies sind Sie nach Ihren verstörend­en öffentlich­en Aussagen Millionen Menschen schuldig.

Wir denken, dass es auch in Ihrem Interesse liegt, auf Leid, Zwang und Unterdrück­ung aufmerksam zu machen und alle beteiligte­n Seiten anzuhören, so wie es in Ihrem Interesse liegt, den rechten Hetzern das Feld nicht zu überlassen. Daher hoffen wir, dass ein Treffen zwischen Ihnen und uns zeitnah stattfinde­n wird. Zana Ramadani ( Mazedonien), Mina Ahadi ( Iran), Kenza Boukhelida- Andresen ( Algerien), Nazanin Brumand ( Iran), Worood Zuhair ( Irak), Rasha Bamatraf ( Jemen) + Naila Chikhi ( Algerien), per E- Mail

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Der Kopftuch- Sager von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen sorgt auch internatio­nal für Aufregung. Von Deutschlan­d über Großbritan­nien bis in den USA berichten Tageszeitu­ngen in Europa über seinen Vorschlag, alle Frauen sollten aus Solidaritä­t...

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