SPÖ im Koalitionsdschungel
Bundeskanzler Christian Kern und seine SPÖ haben ihren Wertekompass und Kriterienkatalog vorgestellt. Dadurch wird angeblich auch das Verhältnis zur FPÖ geregelt. Zugleich werden scheinbar klare Koalitionsbedingungen genannt. Doch sind wir da jetzt wirkli
1.Die Werte sind allzu selbstverständlich. Verlangt wird von Koalitionspartnern etwa, dass sie sich zu Verfassung und Menschenrechte bekennen. Ja, eh. Das trifft auf alle ( Parlaments-) Parteien zu. Würde eine Partei offen rechtsextrem, faschistisch und demokratiefeindlich sein, hätte das Innenministerium sie verbieten müssen.
Die SPÖ besteht zudem auf Solidarität, soziale Sicherheit und gleichen Bildungschancen. Das ist so allgemein schön geschrieben, dass im Wahlkampf nur eine Idiotenpartei dagegen wäre. Die Frage ist, ob und welche anderen Parteien Kern & Co. hier für eine Koalition genug engagiert und glaubwürdig ansehen. Dazu geben die Werte als solche 2. keine Auskunft. Der „ nicht verhandelbare“Katalog von Kriterien beinhaltet zu viele Leerformeln, Unklarheiten und pseudokonkrete Angaben. „ Sichere Pensionen für alle“ist ein billiger Slogan, der über Antrittsalter, Höhe und Beitragsleistungen der Pensionen nullkommanull aussagt. Genauso ist die „ nach einem breiten Beteiligungsprozess“verlangte Volksabstimmung über eine moder- ne statt verschwenderische Verwaltung ein „ No na ned“- Etikettenschwindel.
Die Abstimmung muss laut Verfassung über ein detailliert ausformuliertes Gesetz sein. Wann also über etwas abgestimmt werden kann, weiß heute keiner. Sogar Zahlen sind so eine Sache. Während der Mindestlohn ab 2019 gefordert wird, fehlt für Erbschaftssteuer und Ende des Pflegeregresses jedwede Zeitangabe. Bei 5000 „ zusätzlichen“Lehrern und 2500 Polizisten ist offen, was neue Stellen sind oder woanders das Personal3. abgezogen wird. Mit einer ehrlichen Koalitionsansage hat das Papier der SPÖ sowieso nichts zu tun. Darüber sollen nach geschlagener Wahl die Mitglieder abstimmen. Das klingt basisdemokratisch und ist die Chance, vom Parteibeschluss „ Nicht mit der FPÖ!“abzuweichen.
Mitentscheiden dürfen freilich bloß Parteimitglieder. Allein mit deren Stimmen könnte es die SPÖ kaum in den Nationalrat schaffen. Man erhofft sich weit über eine Million Wähler, die nicht Mitglieder sind. Diese riesige Menge Menschen sind in der Gretchenfrage einer rot- blauen Koalition um wenig klüger als zuvor.