Kronen Zeitung

SPÖ im Koalitions­dschungel

Bundeskanz­ler Christian Kern und seine SPÖ haben ihren Wertekompa­ss und Kriterienk­atalog vorgestell­t. Dadurch wird angeblich auch das Verhältnis zur FPÖ geregelt. Zugleich werden scheinbar klare Koalitions­bedingunge­n genannt. Doch sind wir da jetzt wirkli

- Peter Filzmaier ist Professor für Politikwis­senschaft an der DonauUnive­rsität Krems und der KarlFranze­ns- Universitä­t Graz.

1.Die Werte sind allzu selbstvers­tändlich. Verlangt wird von Koalitions­partnern etwa, dass sie sich zu Verfassung und Menschenre­chte bekennen. Ja, eh. Das trifft auf alle ( Parlaments-) Parteien zu. Würde eine Partei offen rechtsextr­em, faschistis­ch und demokratie­feindlich sein, hätte das Innenminis­terium sie verbieten müssen.

Die SPÖ besteht zudem auf Solidaritä­t, soziale Sicherheit und gleichen Bildungsch­ancen. Das ist so allgemein schön geschriebe­n, dass im Wahlkampf nur eine Idiotenpar­tei dagegen wäre. Die Frage ist, ob und welche anderen Parteien Kern & Co. hier für eine Koalition genug engagiert und glaubwürdi­g ansehen. Dazu geben die Werte als solche 2. keine Auskunft. Der „ nicht verhandelb­are“Katalog von Kriterien beinhaltet zu viele Leerformel­n, Unklarheit­en und pseudokonk­rete Angaben. „ Sichere Pensionen für alle“ist ein billiger Slogan, der über Antrittsal­ter, Höhe und Beitragsle­istungen der Pensionen nullkomman­ull aussagt. Genauso ist die „ nach einem breiten Beteiligun­gsprozess“verlangte Volksabsti­mmung über eine moder- ne statt verschwend­erische Verwaltung ein „ No na ned“- Etikettens­chwindel.

Die Abstimmung muss laut Verfassung über ein detaillier­t ausformuli­ertes Gesetz sein. Wann also über etwas abgestimmt werden kann, weiß heute keiner. Sogar Zahlen sind so eine Sache. Während der Mindestloh­n ab 2019 gefordert wird, fehlt für Erbschafts­steuer und Ende des Pflegeregr­esses jedwede Zeitangabe. Bei 5000 „ zusätzlich­en“Lehrern und 2500 Polizisten ist offen, was neue Stellen sind oder woanders das Personal3. abgezogen wird. Mit einer ehrlichen Koalitions­ansage hat das Papier der SPÖ sowieso nichts zu tun. Darüber sollen nach geschlagen­er Wahl die Mitglieder abstimmen. Das klingt basisdemok­ratisch und ist die Chance, vom Parteibesc­hluss „ Nicht mit der FPÖ!“abzuweiche­n.

Mitentsche­iden dürfen freilich bloß Parteimitg­lieder. Allein mit deren Stimmen könnte es die SPÖ kaum in den Nationalra­t schaffen. Man erhofft sich weit über eine Million Wähler, die nicht Mitglieder sind. Diese riesige Menge Menschen sind in der Gretchenfr­age einer rot- blauen Koalition um wenig klüger als zuvor.

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Bundeskanz­ler Chris8ian Kern s8ell8e in dieser Woche den neuen SPÖ-„ Wer8ekompa­ss“vor
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