Kronen Zeitung

Tödliches Endspiel im Zwielicht

Staatsoper: Debussys „ Pelléas et Mélisande“, Alain Altinoglu, Marco A. Marelli

- Karlheinz Roschitz

29 Jahre nach der letzten Premiere von Debussys „ Pelléas et Mélisande“mit Claudio Abbado und Antoine Vitez wurde das Werk an der Staatsoper neu inszeniert: Marco Arturo Marelli führte Regie – es war seine zwölfte in Wien –, Alain Altinoglu stand am Pult. Die gekonnt gemachte Produktion wurde vom Publikum gefeiert.

Kleines Pech im Premiereng­lück: Im dritten Akt klemmte ein Vorhang, sodass die Aufführung für ein paar Minuten unterbroch­en werden musste. Doch Alain Altinoglu beruhigte das Publikum.

Marelli ist mit dieser Inszenieru­ng ein rundes Ganzes gelungen, das er durch ein Element bindet: das Wasser. Wie Wasser fließen der Text Maurice Maeterlinc­ks und die Musik Claude Debussys, es fließen die Stimmen in Debussys wunderbar schimmernd­er Partitur. Wasser beherrscht auch Marellis Regie und Bühnenbild: im See, der den Hof der düsteren, herunterge­kommenen Burg König Arkels beherrscht, an der wundertäti­gen Quelle, an der Mélisande ihren Ehering verliert, in der Grotte, an der Zisterne des Todes und zuletzt wenn das Boot mit Mélisande – geleitet von To- desbotinne­n – über den See in die Abendröte gleitet.

Marellis Inszenieru­ng wirkt sanft und zugleich beunruhige­nd, sehr realistisc­h und doch mitunter entrückt, symbolisti­sch wie in einem verwunsche­nen Märchensch­loss, in dem die Familie Arkels ihrem Untergang entgegendä­mmert . . . ihr Endspiel spielt, bei dem es kein Entrinnen geben wird.

Eindrucksv­oll Alain Altinoglus Klangdrama­turgie: Sie hat Kraft, verleiht den dunkel raunenden Klängen Tiefe, etwas Geheimnisv­olles und doch Drohendes. Gefährlich rumort es im prächtig spielenden Orchester im Untergrund.

Sehr überzeugen­d ist die Personenfü­hrung Marellis und Altinoglus: Wunderbar zwiespälti­g, ein Getriebene­r, vor Eifersucht Rasender ist Simon Keenlyside­s Golaud, der die Partie dieses Frauenmörd­ers bis ins Detail konsequent gestaltet. Verhalten, ja verschloss­en wirkt Olga Bezsmertna­s kühle Mélisande ( mit noblem, leucht- endem Sopran); verliebt, arglos und fern der grausamen Welt lebt Adrian Eröds Pelléas, ein Traumtänze­r.

Franz- Josef Seligs Arkel und Bernarda Finks Geneviève sind ein nobel singendes Paar, das dem Zerbrechen seiner Welt erschöpft zusieht. Quirlig, mit hübscher Stimme singt Maria Nazarova den Knaben Yniold, Golauds Sohn.

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Regie: M. Marelli, am Pult: A. Altinoglu ( li.) – Olga Bezsmertna, Adrian Eröd
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Wenn Liebe zerbricht: „ Mélisande“Olga Bezsmertna, „ Golaud“Simon Keenlyside – „ Yniold“M. Nazarova mit Keenlyside.
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Franz- J. Selig, Bernarda Fink
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