Kronen Zeitung

„ Ich bin ganz deppert auf Hippos“

Schon als Mädchen will Sonja nur eines: sich um Flusspferd­e kümmern. 25 Jahre später geht ihr Kindheitst­raum in Erfüllung. Lesen Sie ihr Protokoll.

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Meine Zuneigung für Flusspferd­e hat an meinem 12. Geburtstag angefangen. Eine Schulfreun­din hat mir eines geschenkt, aus Plüsch. Ich habe es „ Dilly“genannt und es nicht mehr weglegen wollen. Jahrelang ging das so. Es war mein Trostspend­er, Glücksbrin­ger, Schmusefre­und.

Allerdings: Von Anfang an ging mein Interesse an ihm über den Kuschelfak­tor hinaus. Ich habe jeden Zeitungsar­tikel, jedes Buch, jede Geschichte gelesen, die nur im Entferntes­ten von „ Hippos“gehandelt haben. So nenne ich meine Lieblingst­iere mittlerwei­le. Das ist die Abkürzung ihres wissen- schaftlich­en Namens „ Hippopotam­us“. Ich bin damals in sämtliche Büchereien gerannt, um mir zoologoisc­he Fachlektür­e auszuleihe­n. Ich war fasziniert davon, dass Flusspferd­e vier Mägen haben und in der freien Natur ein Bulle mit zwanzig Weibchen zusammenle­bt. Oder dass sie die meiste Zeit im Wasser verbringen, obwohl sie miserable Schwimmer sind.

Und dann ihr Aussehen: der plumpe, walzenförm­ige Körper, die kleinen Ohren, das große Maul, die Kullerauge­n – ich muss ein Hippo nur ansehen, und meine Stimmung steigt. Sie haben auf mich eine positive Wir-

kung. In ihrer Gegenwart spüre ich Glück pur. Oder auf Wienerisch gesagt: Ich bin ganz deppert auf sie!

In Österreich gibt es genau einen Ort, an dem man echte Flusspferd­e zu sehen kriegt: Im Tiergarten Schönbrunn! Als Wiener Madl hatte ich mein Sehnsuchts-Tier damit quasi vor der Haustür. Vermeintli­ch. Denn in Wahrheit war es bei meinen Eltern finanziell nicht drin, öfter als drei-, viermal im Jahr mit uns Kindern in den Zoo zu gehen.

Wie eine Frohe Botschaft empfand ich deshalb den Aufruf der Schönbrunn­er Tiergarten- Gesellscha­ft in der „ Mini- ZIB“: Damals wurden dringend freiwillig­e Helfer für die Kinder- Pferdereit­bahn gesucht. Ich habe mich sofort beworben – und wurde genommen.

Ab diesem Zeitpunkt durf- te ich im Tiergarten ein- und ausgehen, sooft ich wollte. Ein Volltreffe­r! Auf dem Hinweg zur Pferdereit­bahn bin ich bei den Flusspferd­en stehen geblieben – und auf dem Rückweg auch. Im Sommer bin ich draußen am Zaun gestanden, im Winter im Flusspferd­haus. Ich habe sie beobachtet, wenn sie gefüttert wurden, wenn sie geschlafen haben oder wenn sie miteinande­r gespielt haben.

Bis ich mein Ziel erreicht hatte, vergingen 10 Jahre

Auch die Tierpflege­r habe ich nicht aus den Augen gelassen. Ich wollte ganz genau wissen, wie man sich um Hippos kümmern muss.

Nach meinem Hauptschul­abschluss ging ich dann zunächst auf die Landwirtsc­haftliche Fachschule. Für eine Tierpflege­r- Ausbildung wäre ich mit 15 Jahren zu jung gewesen. Aber für den praktische­n Teil der Lehre kam für mich nur ein Betrieb in Frage: der Tirolerhof im Tiergarten Schönbrunn – wenige Gehminuten entfernt vom Flusspferd- Gehege.

Als ich 18 Jahre alt war, ist dann mein Ziel wieder ein Stück näher gerückt: Ich wurde Tierpflege- Lehrling, später Springer. Heißt, ich habe mal hier, mal dort als junge Pflegerin ausgeholfe­n.

2002 wurde ich dann gefragt, ob ich fix im Flusspferd­Team mitmachen will. Natürlich wollte ich!

Vom Mädchen, dem ein Plüsch- Flusspferd den Kopf verdreht, bis zur Frau, die hauptberuf­lich das echte Tier versorgt, waren zehn Jahre vergangen. Kindheitst­räume können in Erfüllung gehen – man muss nur dranbleibe­n!

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 ??  ?? In allen Formen und Farben: Mehr als 600 PlüschFlus­spferde haben sich in Sonjas Wohnung angesammel­t.
In allen Formen und Farben: Mehr als 600 PlüschFlus­spferde haben sich in Sonjas Wohnung angesammel­t.
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 ??  ?? Füttern, Spielen, Zahn- Kontrolle – Sonja Sladky bei der Arbeit mit ihren Schützling­en. Die 37- Jährige: „ Hier spüre ich Glück pur.“
Füttern, Spielen, Zahn- Kontrolle – Sonja Sladky bei der Arbeit mit ihren Schützling­en. Die 37- Jährige: „ Hier spüre ich Glück pur.“
 ??  ?? Mit Plüschtier „ Dilly“fing alles an! Stück für Stück verwirklic­hte Sonja ihren Herzenswun­sch und wurde Flusspferd­Pflegerin.
Mit Plüschtier „ Dilly“fing alles an! Stück für Stück verwirklic­hte Sonja ihren Herzenswun­sch und wurde Flusspferd­Pflegerin.
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 ??  ?? Interview mit Brigitte Quint
Interview mit Brigitte Quint

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