Kronen Zeitung

Keine Zensur

- FRANZISKA TROST franziska. trost@ kronenzeit­ung. at

Für Egon Schiele könnten in seinem Gedenkjahr harte Zeiten anbrechen. Natürlich erinnert man bei uns rund um den 100. Todestag des großen Meisters mit einer Reihe an Ausstellun­gen an dessen Schaffen. Jedoch erwacht im Zuge der Sexismus- Debatten auch in der Kunstwelt eine Zensur, die schon längst Vergangenh­eit schien.

Bereits im November mussten Plakate mit Schiele- Bildern in England und Deutschlan­d mit einem Balken versehen – Schieles Nackte fielen dem WerbeIndex zum Opfer. Der WienTouris­mus konterte mit Humor und überschrie­b die verhüllten Geschlecht­steile mit der berechtigt­en Frage: „ Hundert Jahre alt und noch immer zu gewagt?“

In Amerika zeigte ein Lehrer seinen Schüler Akte von Modigliani oder Francois Bouchers „ L'Odalisque Brune“, eine Nackte mit üppiger Kehrseite, – „ Pornografi­e!“, wüteten die Eltern, und der Lehrer wurde entlassen. Auch das Metropolit­an Museum in New York sah sich mit einer Petition konfrontie­rt, in der gefordert wurde, die „ Träumende Thérèse“von Balthus abzuhängen. Zu voyeuristi­sch wäre der Blick auf das pubertiere­nde Mädchen in blütenweiß­er Unterhose.

Man darf sich an Kunst stoßen, sie darf provoziere­n, ja soll es sogar, um zum Nachdenken anzuregen. Der Weg von Schiele zu Pornografi­e ist jedoch ein sehr weiter. Zensur ín diesen Bereichen würde der # metooBeweg­ung mehr schaden als nützen. Damit nimmt man der Kunst nur die Freiheit. Viel besser wäre es, sie in sinnvolle Diskussion­en einzubezie­hen.

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