Keine Zensur
Für Egon Schiele könnten in seinem Gedenkjahr harte Zeiten anbrechen. Natürlich erinnert man bei uns rund um den 100. Todestag des großen Meisters mit einer Reihe an Ausstellungen an dessen Schaffen. Jedoch erwacht im Zuge der Sexismus- Debatten auch in der Kunstwelt eine Zensur, die schon längst Vergangenheit schien.
Bereits im November mussten Plakate mit Schiele- Bildern in England und Deutschland mit einem Balken versehen – Schieles Nackte fielen dem WerbeIndex zum Opfer. Der WienTourismus konterte mit Humor und überschrieb die verhüllten Geschlechtsteile mit der berechtigten Frage: „ Hundert Jahre alt und noch immer zu gewagt?“
In Amerika zeigte ein Lehrer seinen Schüler Akte von Modigliani oder Francois Bouchers „ L'Odalisque Brune“, eine Nackte mit üppiger Kehrseite, – „ Pornografie!“, wüteten die Eltern, und der Lehrer wurde entlassen. Auch das Metropolitan Museum in New York sah sich mit einer Petition konfrontiert, in der gefordert wurde, die „ Träumende Thérèse“von Balthus abzuhängen. Zu voyeuristisch wäre der Blick auf das pubertierende Mädchen in blütenweißer Unterhose.
Man darf sich an Kunst stoßen, sie darf provozieren, ja soll es sogar, um zum Nachdenken anzuregen. Der Weg von Schiele zu Pornografie ist jedoch ein sehr weiter. Zensur ín diesen Bereichen würde der # metooBewegung mehr schaden als nützen. Damit nimmt man der Kunst nur die Freiheit. Viel besser wäre es, sie in sinnvolle Diskussionen einzubeziehen.