Kronen Zeitung

Die EU ist eine Verteil- Union

- Dr. Peter F. Lang, Wien

Die Europäisch­e Union hat es sich unter anderem zum Ziel gesetzt, das Lebensnive­au in allen Mitgliedst­aaten anzugleich­en und möglichst auf jenes Niveau zu heben, das die bestentwic­kelten Staaten haben. Nach den EU- Spielregel­n sollen daher die reichen Länder von ihrem Wohlstand an die anderen Mitglieder, die nicht so wohlhabend und erfolgreic­h sind, etwas abgeben.

Das kostet die sogenannte­n reichen Länder natürlich zumindest den Zuwachs an eigenem Wohlstand und bedeutet sogar ein Zurückfall­en. Der Verlust ist umso höher, je weniger „ reiche“Länder es gibt ( jetzt ist gerade einmal England aus diesem Verteilung­ssystem abgesprung­en), je mehr arme Länder da sind und je größer der Unterschie­d zwischen Arm und Reich ist. Aber Arm und Reich sind relative Begriffe.

Wir Österreich­er gelten zum Beispiel als reich, und deshalb haben wir auch hohe Transferle­istungen zu erbringen. Nicht nur in Geldleistu­ngen, auch auf anderen Gebieten – beispielsw­eise auf dem Sektor des Arbeitsmar­ktes.

Unser Reichtum liegt vor allem bei wenigen reichen Mitbürgern. Der durchschni­ttliche Österreich­er aber ist nicht so reich, und vor allem er bekommt die Belastung zu spüren, die uns das Verteilsys­tem der Europäisch­en Union auferlegt. Sein Wohlstand ist in den letzten Jahren kaum mehr gestiegen, wenn nicht gar gesunken. Und was ergibt der Vergleich mit anderen Ländern?

Beim Wohnen etwa sind andere reicher. Die wenigsten haben Eigentumsw­ohnungen oder einen Grundbesit­z. In den sogenannte­n armen Staaten aber hat die Mehrheit der Bevölkerun­g ein eigenes Heim.

Ja, unsere Gehälter sind höher als die in den armen Ländern. Aber dafür sind auch die Preise und die Steuern bei uns höher. Der Kaufkraftu­nterschied ist daher gar nicht so hoch, wie uns in der EUStatisti­k auf der Reichtumss­kala vorgerechn­et wird.

Auf dieser EU- Reichtumss­kala stehen wir weit oben. Und daher müssen wir beträchtli­che Transferle­istungen für andere EU- Mitglieder erbringen. Nicht zu- letzt verlieren wir auch Betriebe und Arbeitsplä­tze an diese Länder und nehmen viele Arbeitssuc­hende von dort bei uns zulasten des Arbeitsmar­kts für einheimisc­he Arbeitskrä­fte auf.

Das kann nicht immer so weitergehe­n. Diese Entwicklun­g hat eine Dimension angenommen, die sich niemand beim seinerzeit­igen EU- Beitritt so vorgestell­t hat. Damals waren nicht so viele Empfängerl­änder in dieser Gemeinscha­ft. Es ist also ein Gegensteue­rn erforderli­ch, damit die Entwicklun­g nicht immer in diese Richtung weitergeht!

Österreich sollte verlangen, vor allem anlässlich der bevorstehe­nden EU- Reform, dass seine Lasten verringert werden! Demgemäß sollten sich unsere Vertreter bei der Europäisch­en Union dessen bewusst sein, dass unser Österreich mehr gibt, als es empfängt. Und sie sollten daher selbstbewu­sst und mit aufrechter Haltung an allen Abstimmung­en teilnehmen und die österreich­ischen Interessen energisch vertreten!

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