Große Liebe eines Häftlings brachte Anwältin vor Gericht
Er schrieb sehnsuchtsvolle Briefe, sie saftige Rechnungen:
Für ihn, den Häftling, war es die große Liebe, für sie, die Anwältin, eine reine Geschäftsbeziehung. Die sich von seinen Liebesbriefen mehr belästigt als geschmeichelt fühlte. Am Ende präsentierte die Juristin eine saftige Rechnung. Da erstattete er Betrugsanzeige.
2014 saß der Mann wegen Betrug in der Strafanstalt Stein. Er hat ein tragisches Schicksal hinter sich: In der Jugend wurde er in einem Kinderheim missbraucht. Er forderte Entschädigung und suchte einen Anwalt. Eine Juristin, die einen Mithäftling vertrat, kam da recht.
Es wurde ein Vertrag geschlossen. Einkünfte und Honorar sollten gegengerechnet werden. Tatsächlich bekam der Mann 30.000 Euro zugesprochen.
Es gab intensiven Kontakt mit dem Häftling. Allzu intensiven, wie die Juristin beklagt. Wolfgang Blaschitz, der Verteidiger der Anwältin: „ Er rief die Kollegin 50mal täglich an. Außerdem schrieb er ihr Liebesbriefe. Täglich.“„ Mein heißgeliebtes Zauberwesen. Mein Rehlein. Zauberfrau. Traumwesen“, lauteten nur einige der liebevollen Bezeichnungen.
Doch die Liebesbezeugungen waren der Anwältin egal. Sie schrieb Rechnungen, und zwar saftige: über 17.000 Euro. Jedes Telefonat war aufgelistet, dazu Besprechungen und Besuche.
Weil die Juristin 8000 Euro an Mithäftlinge des Betrügers ausbezahlt hatte, blieben nur 4000 von 30.000 Euro übrig. Eine Betrugsanzeige des Häftlings war die Folge. Die Anwältin muss nun ihre Leistungen nachweisen. Vertagt.