Frauen und sein Traum vom Frühling der Schönheit
Gustav Klimts 100. Todestag ( 6. 2.): Tobias Natter entdeckte neue Zusammenhänge zwischen Fotos & Gemälden
Frauen, Frauen, Frauen! Sie bestimmten Leben, seine Kunst, sein Denken: Für Gustav Klimt ( 1862 bis 1918) waren sie Inspirationsquellen – seine Mutter, die Schwester, Auftraggeberinnen, das „ süße Wiener Mädel“, das flatterhafte Geschöpf, das durch Schnitzler Berühmtheit erlangte, die Femme fatale des Fin de Siècle.
Zahllos sind Klimts virtuos aufs Papier geworfene nackte oder nur sparsam bedeckte Mädchen, deren Körper vor Lust zu vibrieren scheinen – meist Berufsmodelle, die Klimt auch gleich zu Liaisonen machte und denen er schönen Schmuck schenkte.
Extravagant luxuriös ist die Schönheit der Frauenbilder, etwa der „ Goldenen Adele“Bloch- Bauer, des herrlichen Porträts, das von der Republik Österreich allzu leichtfertig restituiert wurde. Von wunderbarer Tiefe sind die letzten 25 Porträts, die Klimt nach 1900 in seiner „ langsamen Art“malte. Träume von Schönheit und vom Frühling der Kunst!
In besonderem Maße waren es diese Frauen( bilder), denen er seinen Ruhm zu verdanken hatte. Bereits 1902 sagte Gustave Rodin, der Gigant der französischen Bildhauerei, bei seinem Besuch in der Wiener Secession über Klimt: „ Ihre künstlerische Tätigkeit wird nicht nur Ihrem Land von Nutzen sein, sie wird auch Europa bereichern. Und sie wird ihren Widerhall in Amerika finden!“Nach einer Phase der Marginalisierung seines Schaffens in der Zwischenkriegszeit stieg Klimt ab 1945 „ zur Weltspitze auf“.
Fast merkwürdig scheint’s, dass Klimt und seine Frauen bisher kaum wissenschaftlich aufgearbeitet wurden. Das unternimmt nun – anlässlich des 100. Todestags ( 6. Februar) – Tobias Natter, Österreichs führender Klimt- und SchieleSpezialist, mit einem Buch „ Klimt und die Frauen – vom Traum der Schönheit“, das 2019 herauskommt. Ein Versuch, den Beziehungen zwischen Wirklichkeit und Projektion in der Kunst auf die Spur zu kommen.
Natter, Kurator am Belvedere, dann Direktor des Leopold Museums, Autor der Klimt- und Schiele- Bände im Taschenverlag, Gestalter von sensationellen Ausstellungen wie „ Kunst für alle“( Frankfurt/ Albertina), „ Klimt & die Frauen“in der New Yorker Neuen Galerie, „ Klimt & Rodin“in San Francisco oder „ Klimt und die Antike“im Belvedere, hat für sein neues Buch viele Dokumente aufgespürt.
Das Buch wird u. a. 400 Fotos enthalten – aus einer Zeit, als man das Foto noch nicht einmal als Kunst, son- dern als „ nur mechanisches Abbild“ansah. „ Heute werden diese Fotos zu Spitzenpreisen gehandelt. Aber die Massenmedien haben die , Bildmacht‘ dem Künstler aus der Hand genommen“.
Fotos über Klimt und seine Beziehungen zu seinen Modellen, die in seinem Atelier offenbar immer parat standen, wenn er zeichnend „ Lockerungsübungen“machen wollte. Natter entdeckte zahlreiche Fotos, mit denen er Zusammenhänge zwischen Modell und Gemälde herstellen kann. Etwa bei Consuela Camilla Huber ( 1896 bis 1978), die Klimt für das Gemälde „ Freundinnen II“Modell stand ( 1916/ 17, verbrannt 1945 in Schloss Immendorf). Als sie den Polizeirayonsinspektor Josef Pfannenstiel heiratete, verlangte er, dass sie alle Erinnerungsstücke an Klimt vernichte. Consuela ( auf dem „ Freundinnen“- Gemälde die hintere der beiden Frauen) war die Mutter der drei Klimt- Kinder Gustav, Charlotte und Wilhelm, geboren zwischen 1912 und 1915. Oder Emilie Flöge, die Modedesignerin, die Klimts Arbeitsmäntel entwarf und davon träumte, einen Ruhmesraum für Klimt zu entwerfen. Sie besaß das Gemälde „ Die Braut“( 1917/ 19; unvollendet, Belvedere). „ Sie vernichtete – aus Pietät – zwei Wäschekörbe mit Klimts Korrespondenz. Aber auch von Mitzi Zimmer wissen wir von einer umfangreichen Korrespondenz; leider existiert die nicht mehr!“