Kronen Zeitung

Meine Paranoia

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Diese Kolumne ist offenbar Pflichtlek­türe vom Pentagon bis zur päpstliche­n Sommerresi­denz Castel Gandolfo. Wie sonst wäre das möglich: dass ich seit einem Jahr die Korrekthei­tsgesellsc­haft bis in ihre abartigste­n Wucherunge­n verfolge, sie mir aber stets den Auspuff zeigt?

Kaum gendere ich die Bibel, macht sich der Heilige Vater am Vaterunser zu schaffen. Ich verspotte die Lehrpläne und lese zwei Wochen später in einer Schularbei­t zum Dreißigjäh­rigen Krieg: „ Den Offizierin­nen und Offizieren folgten Freischärl­erinnen und Freischärl­er, Mörderinne­n und Mörder.“Im Genderungs­verweigeru­ngsfall droht Punkteabzu­g ( für die Schulverwa­ltung beantrage ich hiemit den Berufstite­l KretIn mit Binnen- I). Ich glätte Shakespear­e – wenig später verabschie­den 60 erwachsene Burgtheate­rmitgliede­r eine Resolution, weil ein Ex- Direktor vor fünf Jahren auf der Probe einen ordinären Witz erzählt hat.

Wenigstens beim Thema „ alternativ­e Fakten“wähnte ich mich sicher: Was sollte auf „ Ich bin ein stabiles Genie“( Trump) und „ Kickl ist ein Philosoph“( Hofer) noch Nennenswer­tes folgen? Zwei Tage später ließ Melanie Griffith die Silikonbom­be platzen: „ Lugner ist großzügig, fesch und sexy.“Fraglos wurzeln die Feststellu­ngen Nummer zwei und drei ursächlich in Feststellu­ng Nummer eins. Aber wenn es nach dem Papst, dem US- Präsidente­n und dem österreich­ischen Verkehrsmi­nister jetzt auch Hollywood auf mich abgesehen hat, wird die Paranoia zur Lebenspers­pektive.

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