Gold oder Spital
Einer der authentischsten Zeitzeugen der Geschehnisse von Nagano 1998 ist Andreas Schifferer. Der heute 43- Jährige war damals als regierender Weltcupsieger in der Abfahrt auch einer der Top- Favoriten und Zimmerkollege von Hermann Maier gewesen. „ Am Tag vor dem Rennen, als wir schon das Licht abgedreht hatten, sagte er plötzlich: , Du, Andi, es gibt da für mich morgen nur zwei Möglichkeiten – entweder ich hole Gold, oder ich lande im Spital“, erzählte Schifferer später.
Vom weiteren Verlauf dieser Geschichte, die die begnadetsten Drehbuch- Autoren Hollywoods nicht besser hätten erfinden können, wird man auch 40, 50 und 60 Jahre nach Nagano noch sprechen. Aber jetzt, 20 Jahre danach, sind immer noch alle, die Maier wirklich miterlebten, von einem überzeugt: Dass der Salzburger ohne Jahrhundert- Abflug auch die Abfahrt gewonnen und somit bei ein und denselben Spielen sogar drei Goldene geholt hätte.
So aber blieb das unter den Skirennläufern bis heute den Legenden Toni Sailer und Jean- Claude Killy vorbehalten, mit Janica Kostelic, die 2002 außerdem noch Silber holte, gesellte sich auch eine Dame in den elitären Kreis. Der jetzt in Pyeongchang ein wenig größer werden könnte. Denn sowohl Mikaela Shiffrin als auch Marcel Hirscher sind drei Goldene zuzutrauen. Wobei der Druck auf dem Österreicher vor seinem ersten Auftritt am Dienstag in der Kombi fast schon unermesslich groß wurde. Aber eines hat er zur Genüge bewiesen: Dass er, was den Umgang mit solchen Situationen betrifft, aus dem absolut gleichen Holz geschnitzt ist wie einst Maier. Obwohl er sicher nie sagen würde: „ Ich hole Gold, oder ich lande im Spital . . . “