Kronen Zeitung

Frank Stronach im „ Krone“- Interview

Frank Stronach zieht sich aus Österreich zurück. Im Abschieds- Interview spricht der 85- Jährige über Fehler und Enttäuschu­ng, Streihansl­n und Berufskill­er und seinen steirische­n Beichtvate­r.

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Nach dem Flop mit seinem Team Stronach verkauft Frank Stronach nun auch Industriel­iegenschaf­ten, einen Wohnpark und das Magna Racino. „ Meine Kinder haben keinen Bezug dazu“, sagt der steirische Milliardär beim „ Krone“- Interview im Golfclub Fontana, der bereits dem Manager Siegfried Wolf gehört. Es fällt dem erfolgsver­wöhnten 85- Jährigen nicht leicht, über das Ende der von ihm gegründete­n Partei und seinen Abschied zu sprechen.

DerVerkauf Ihrer Firmen und Liegenscha­ften in Österreich soll 100 Millionen bringen. Können Sie das bestätigen?

Über Geld rede ich ganz selten, aber ja . . . Kann sein.

Also ist es Ihnen nicht so wichtig, ob es jetzt 90, 100 oder 110 Millionen Euro sind?

Geld ist immer wichtig, ohne Geld dreht sich die Welt nicht. – Lacht.

Haben Sie es als Vater verabsäumt, Ihren Kindern die Heimat näherzubri­ngen?

Ihnen fehlt tatsächlic­h der Bezug, obwohl sie eine österreich­ische Mutter und einen österreich­ischen Vater haben. Als Vater gibst du vielleicht eine Richtung vor, aber letztendli­ch müssen Kinder ihre eigenen Wege gehen. Der Erfolg der Erziehung kann nur daran gemessen werden, wie glücklich sie sind.

Wie glücklich sind Sie beim Gedanken, Ihre Zelte in Österreich abzubreche­n?

Meine Wohnung hier behalte ich ja. Und wenn ich hierher komme, kann ich sagen: Da habe ich was gebaut, und da habe ich auch was gebaut. Ich werde sehr oft angesproch­en von Menschen, dass sie darüber sehr froh sind. Das ist ein schönes Gefühl, und das bleibt.

Gehen Sie im Zorn?

Zorn ist eine negative Energie. Natürlich macht es mich nachdenkli­ch, und es kommt vor, dass ich derzeit vielleicht ein bisschen ernster schaue. Aber Zorn: Nein.

Enttäuscht?

Es ist, was es ist. Enttäuscht bin ich darüber, dass es so schwierig ist, in diesem Land etwas zu verändern. Aber ich bin, wer ich bin. Und mein Gewissen hat mir gesagt: Pass auf, rüttle an diesem Käfig!

Haben Sie die österreich­ische Politik unterschät­zt?

Ich möchte nicht sagen, dass ich es unterschät­zt habe. Ich möchte auch nicht sagen, dass es mir leid tut. Natürlich, wenn man zurückscha­ut, würde man immer alles ein bisschen anders machen.

Was denn?

Ich hätte nicht in die Politik gehen, sondern mich auf die Wirtschaft konzentrie­ren sollen. Denn ohne Wirtschaft kann auch die Gesellscha­ft nicht funktionie­ren. Das müsste man schon den Kindern in der Schule beibringen. Um was dreht es sich, was ist der Purpose? Ich war über 60 Jahre weg, im Deutschen muss ich manchmal ein bisschen länger nachdenken, um das richtige Wort zu finden. Im Englischen kann ich philosophi­scher sein.

Hat Ihnen das holprige Deutsch bei Ihren Fernsehauf­tritten geschadet?

Noch einmal: Ich bin, wer ich bin, und ich habe das gemacht, was mein Gewissen mir gesagt hat. Ich bereue es nicht. Fertig, Schluss.

Aber Sie stimmen mir zu, dass das Team Stronach ein Misserfolg war?

Ich sehe das nicht, ich glaube, es hat schon Denkanstöß­e geliefert, und die Grundidee war gut. Aber es gibt ja von Mao diesen Spruch: „ Ferne Wasser löschen nicht.“Ich war natürlich viel weg.

Welche Denkanstöß­e? Ihre Partei hat Pfefferspr­ay verteilt, Flüchtling­e als „ Neandertal­er“bezeichnet, viele Presseauss­endungen zu Palmöl verfasst und untereinan­der gestritten . . .

Ich möchte nicht mehr über diese Dinge sprechen. Ich will auch niemand anderem die Schuld geben. Letztendli­ch war es meine Entscheidu­ng, letztendli­ch habe ich die Leute ausgewählt. Und wenn du mit diesen Leuten nicht oft beisammen bist, kannst du Fehler machen. Aber ich muss auch sagen, dass ich nie länger als ein Jahr im Parlament bleiben wollte. Das habe ich von Anfang an immer betont. Meine Programme – Wirtschaft, Umwelt, Soziales – hatten Hand und Fuß, die kann man jederzeit analysiere­n, und irgendwann wird mir die Geschichte recht geben.

Inwiefern?

Letztlich wirst du am Lebenswerk gemessen. Ich mache mir da keine Sorgen. Ich kann gut in den Spiegel schauen.

Es gibt ja von Mao diesen Spruch: „ Ferne Wasser löschen nicht.“Ich war natürlich viel weg. Deshalb gebe ich niemand anderem die Schuld. Bei der Todesstraf­e für Berufskill­er gab es einen Aufschrei. Aber ich habe mit einem gequälten Kalb mehr Mitleid als mit einem Auftragski­ller.

Mit der „ Todesstraf­e für Berufskill­er“haben Sie sich in die Nesseln gesetzt. Würden Sie das noch einmal sagen?

Wenn du bewusst planst, einen Menschen hinzuricht­en, bei klarem Verstand, und das für Geld? So was würde die Todesstraf­e verhindern. Da gab es natürlich einen Aufschrei. Aber schauen wir uns einmal an, was zum Beispiel in der Massentier­haltung passiert! Da bleibt der Aufschrei aus. Ich habe mit einem gequälten Kalb mehr Mitleid als mit einem Auftragski­ller. Verfolgen Sie noch die österreich­ische Innenpolit­ik?

Ich verfolge sie ein bisschen, ja. Welches Zeugnis stellen Sie Kanzler Sebastian Kurz aus?

Er hat sich mit 31 Jahren zur Nummer eins in diesem Land hochgearbe­itet. Das verdient Respekt. Aber seine Regierung hatte noch wenig Möglichkei­ten, Veränderun­gen herbeizufü­hren. Frage an Sie als Auslandsös­terreicher: Leidet an An- sehen Österreich­s durch die FPÖ in der Regierung?

Es kann nur durch einzelne Personen leiden, aber das Grundmanda­t ist demokratis­ch. Wichtig ist, dass Leute, die nicht zivilisier­t sind, isoliert werden. Es muss klar sein, dass in Österreich kein Platz für Rassismus ist. Herr Stronach, sind Sie gut im Abschiedne­hmen?

Ja. Wenn irgendetwa­s zerbricht, dann sage ich nur: Schade. Kommt nie Traurigkei­t auf?

Von Zeit zu Zeit gehen wir alle durch das Tal der Tränen. Das gehört zum Leben dazu. Bei mir dringen die Tränen nicht nach außen, sie fließen nach innen. Weil ich ein sachlicher Mensch bin und die Welt optimistis­ch sehe.

Nie geweint? Höchstens nasse Augen. Wann?

Ich hatte einmal ein Rennpferd, er war ein wahrer Champion und hieß „ Glorious Song“. Ich musste ihn verkaufen, weil ich das Geld gebraucht habe. Eine Million Dollar. Dafür sind Tränen nach innen geflossen. Wem vertraut sich ein Mensch wie Sie eigentlich an?

Dem Pfarrer. – Lacht. – Ich habe ja ziemlich große Summen in die Agrarwirts­chaft investiert. Da ging es um die Frage: Soll ich Tiere aufziehen und dann schlachten? Das habe ich zum Beispiel mit meinem Pfarrer, dem Andreas, beraten. Er ist Steirer wie ich, ein Urgestein. Ich rufe ihn immer wieder an, dann gehen wir mittagesse­n, trinken ein Glas Wein zusammen, und er nimmt mir dann gleich die Beichte ab. Allein dafür werde ich regelmäßig zurück nach Österreich kommen.

Letztlich wirst du am Lebenswerk gemessen. Ich mache mir da keine Sorgen. Ich weiß, wer ich bin, und ich kann gut in den Spiegel schauen.

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