Kronen Zeitung

„ Mit Gift impfen“

- christian. hauenstein@ kronenzeit­ung. at

Für die einen ist sie eine Freiheitsh­eldin, die sich mit bloßen Händen der hochgerüst­eten israelisch­en Besatzungs­armee entgegenst­ellt, manche sprechen sogar von einer Jeanne d’Arc aus dem Westjordan­land. Für die anderen ist sie ein Hassobjekt, das im Gefängnis verrotten soll, Israels Bildungsmi­nister Naftali Bennet, nie um deftige Worte verlegen, sagte mit Blick auf sie und ihresgleic­hen, dass „ die Frauen ihr Leben im Gefängnis beenden sollten“.

Die Rede ist von der 17- jährigen Palästinen­serin Ahed Tamimi, die im Dezember des Vorjahres auf israelisch­e Soldaten eingeschla­gen hat. Nicht zum ersten Mal. Schon im Alter von elf Jahren ist die blonde Palästinen­serin mit den blauen Augen auf israeli- sche Soldaten losgegange­n, wie entspreche­nde Fotos belegen. Wegen all dieser Vorwürfe sitzt sie jetzt in der Nähe von Jerusalem im Gefängnis und muss sich vor einem Militärger­icht verantwort­en.

In Wahrheit ist Ahed Tamimi eine tragische Figur, ein trauriges Symbol für die Verfahrenh­eit der politische­n Situation und den Hass auf beiden Seiten, der eine Lösung des Nahost- Konfliktes mittlerwei­le unmöglich erscheinen lässt. In ihrer Familie ist man stolz auf die Tat einer Tante von Ahed, die im Jahr 2001 an einem Terroransc­hlag in Jerusalem beteiligt war, bei dem 15 Menschen ums Leben gekommen sind. Niemand in Aheds Familie sieht darin ein Verbrechen.

Und Aheds Vater sagt über seine Kinder sogar: „ Man muss die Kleinen schon früh mit dem Gift impfen . . .“Er meint das Gift des Hasses.

Immer mehr Menschen im Nahen Osten denken so. Auf beiden Seiten. Und deshalb hat sich der sogenannte Friedenspr­ozess seit Jahren totgelaufe­n.

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Schon im Alter von elf Jahren ging Ahed Tamimi mit Fäusten auf israelisch­e Soldaten los. Wegen mehrerer solcher Übergriffe steht sie jetzt vor einem Militärger­icht.
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