„ Mit Gift impfen“
Für die einen ist sie eine Freiheitsheldin, die sich mit bloßen Händen der hochgerüsteten israelischen Besatzungsarmee entgegenstellt, manche sprechen sogar von einer Jeanne d’Arc aus dem Westjordanland. Für die anderen ist sie ein Hassobjekt, das im Gefängnis verrotten soll, Israels Bildungsminister Naftali Bennet, nie um deftige Worte verlegen, sagte mit Blick auf sie und ihresgleichen, dass „ die Frauen ihr Leben im Gefängnis beenden sollten“.
Die Rede ist von der 17- jährigen Palästinenserin Ahed Tamimi, die im Dezember des Vorjahres auf israelische Soldaten eingeschlagen hat. Nicht zum ersten Mal. Schon im Alter von elf Jahren ist die blonde Palästinenserin mit den blauen Augen auf israeli- sche Soldaten losgegangen, wie entsprechende Fotos belegen. Wegen all dieser Vorwürfe sitzt sie jetzt in der Nähe von Jerusalem im Gefängnis und muss sich vor einem Militärgericht verantworten.
In Wahrheit ist Ahed Tamimi eine tragische Figur, ein trauriges Symbol für die Verfahrenheit der politischen Situation und den Hass auf beiden Seiten, der eine Lösung des Nahost- Konfliktes mittlerweile unmöglich erscheinen lässt. In ihrer Familie ist man stolz auf die Tat einer Tante von Ahed, die im Jahr 2001 an einem Terroranschlag in Jerusalem beteiligt war, bei dem 15 Menschen ums Leben gekommen sind. Niemand in Aheds Familie sieht darin ein Verbrechen.
Und Aheds Vater sagt über seine Kinder sogar: „ Man muss die Kleinen schon früh mit dem Gift impfen . . .“Er meint das Gift des Hasses.
Immer mehr Menschen im Nahen Osten denken so. Auf beiden Seiten. Und deshalb hat sich der sogenannte Friedensprozess seit Jahren totgelaufen.