In Werfels Welt von Gestern
Festspiele Reichenau: Franz Werfels „ Cella“, Michael Gamp
Das Theaterquartett ist komplett! Mit der Premiere von Franz Werfels dramatisiertem Roman „ Cella“hat Reichenau sein Schauspielprogramm komplettiert. Im neuen Spielraum, auf der praktischen Rundbühne, lässt man das Leben der kleinen Familie Bodenheim souverän ablaufen. Inmitten einer dunklen unheilvollen Zeit.
Nicolaus Hagg hat aus dem bekannten Werfel- Roman eine praktische, ruhige und sehr gut spielbare Theaterfassung erstellt. Kein Kolportage- Theater, kein Donner- und Blitz- Spektakel, sondern ein Abend, der in seiner tragischen Entwicklung von langem Atem getragen wird.
„ Cella“erzählt über ein Wunderkind, dessen Familie im untergehenden Österreich im März 1938 fliehen muss. Es ist die Geschichte einer absterbenden Welt – der Welt von gestern –, an die man sich verzweifelt klammert. Und es ist die Geschichte von Glauben, Liebe und Verlust.
Michael Gampe inszeniert den Zwei- StundenAbend: Mit kleinen Gesten, ausreichenden Atempausen, mit dem richtigen Tempo. Genau und treffend entfalten sich die Beziehungen zwischen den Figuren, die Charaktere werden nicht überzeichnet. Sie zeigen ihre menschliche Vielfalt.
Das Tragische, das Brutale, das Zerstörerische – nichts fehlt. Aber auch das Ästhetisch- Schöne, der Glaube haben ihren Platz.
August Schmölzer und Julia Stemberger geben das Paar Bodenheim, sie spielen unaufdringlich, mit kleinen poetischen Einsprengseln, ohne Hast. Man sieht ihnen gerne zu, lässt sich von ihren Gefühlen berühren. David Oberkogler ist der Prinz Esterhazy, der kleine Farbpunkte setzt, wie auch Martin Schwab seine kurzen Auftritte hat. Und Sascha Weis spielt den undurchsichtigen Zoltán Nagy nicht zu schillernd, nicht zu groß, sondern liefert eine präzise Charakterstudie. Sehr gut gelungen!