Nur eine Zahl
„ Ich hatte Lust, aufzustehen und sie alle anzuschreien: Wisst ihr denn nicht, dass diese verdammten , Zahlen' menschliche Wesen sind, Menschen?“Golda Meir, die spätere Premierministerin Israels, konnte es nicht fassen, was in dem Badeort Évian- lesBains passierte. Auf Drängen von Franklin D. Roosevelt kamen Vertreter von 32 Staaten zusammen, um über die Flüchtlingsproblematik zu diskutieren. Immer mehr Juden mussten vor den Nazis aus ihrer Heimat fliehen – aber niemand wollte sie aufnehmen. In Evian sollte über die Rettung von 550.000 Menschen verhandelt werden – doch nichts passierte. „ Dazusitzen (. . .), zuzuhören, wie die Vertreter von 32 Staaten nacheinander aufstanden und erklärten, wie furchtbar gern sie eine größere Zahl Flüchtlinge aufnehmen würden und wie schrecklich leid es ihnen tue, dass sie das leider nicht tun könnten, war eine erschütternde Erfahrung“, so Meir. „ Niemand will sie haben“, jubelte die Nazi- Presse, man habe die „ Nachteile der Verjudung“erkannt.
Der Flüchtlings- Dampfer „ St. Louis“war ein Beispiel dafür, wie hoffnungslos die Lage danach war. Kuba und die USA wiesen die Asylsuchenden ab, nach langer Odyssee brachte man sie nach Europa zurück. 254 Passagiere wurden im Holocaust ermordet. Auch nur eine Zahl? Jede einzelne ein Mensch, der hätte gerettet werden können.
Die Évian- Konferenz fand dieser Tage vor 80 Jahren statt. Auch sie gehört in dieses wichtige Gedenkjahr 2018 – als mahnende Erinnerung an eine verpasste Chance der Menschlichkeit.