Das Wunder ist fast perfekt
Vier Kinder und ihr Trainer müssen weiter ausharren Bereits befreite Schüler dürfen Eltern nicht umarmen
DIE AUFWENDIGE RETTUNG der in einer Höhle in Thailand eingeschlossenen Buben geht in die finale Phase: Acht Kinder wurden bis gestern Abend aus dem Gesteinsmassiv in die Freiheit geführt, heute werden die restlichen vier Jugendlichen und ihr Trainer befreit.
BANGKOK. Auch der zweite Tag der Rettungsaktion im Höhlensystem Tham Luang in Thailand war ein voller Erfolg. Bereits am Sonntag hatte ein großes Team von Tauchern vier Burschen gerettet. Montagmittag unserer Zeit konnten dann weitere vier Kinder erschöpft, aber sicher aus dem Wasser steigen. Die Bergung der restlichen vier Schüler und ihres Trainers soll heute, Dienstag, stattfinden. Unterdessen warten die Eltern im Krankenhaus auf ein Wiedersehen – unter strengen Bedingungen.
Auch an der zweiten Rettungsaktion am Montag waren wieder 90 Taucher beteiligt. Es waren die gleichen Teams aus Thailand, China, Großbritannien und den USA. Nur jene Taucher, die nach dem Einsatz am Sonntag zu erschöpft waren, wurden ausgetauscht. Schon um die Mittagszeit kamen sie mit dem fünften Buben an die Wasseroberfläche, kurz darauf folgen dann weitere drei. So wie ihre Freunde vor ihnen wurden auch sie umgehend ins Spital gebracht.
Die Eltern bangen derweil weiter, weil die Namen der vier am Montag geretteten Kinder nicht veröffentlicht wurden. Niemand unter den an der Höhle wartenden Eltern sei informiert worden: „ Wir hörten, dass vier Burschen draußen sind, aber wir wissen nicht, wer sie sind.“
Taucher hatten bereits am Sonntag die ersten vier Jugendlichen nach 16 Tagen Gefangenschaft aus der teils überfluteten Höhle befreit. Monhkhol Boonpiam ( 13) hatte die Höhle als Erster verlassen. Nach ihm stiegen Prajak Sutham ( 14) und Nattawoot Takamsai ( 14) aus dem Wasser. Nattawoot leidet unter Asthma. Seine Eltern haben schon eine Tochter verloren, die an Krebs litt. Als Vierter wurde Pipat Bodhi ( 15) gerettet. Er ist kein Mitglied des Fußballteams, sondern nur ein Freund des Torwarts.
Die ersten vier geretteten Kinder durften ihre Fami-
lien Montagabend wiedersehen, erklärt ein Sprecher des Spitals. Die Zusammenführung fiel aber wenig herzlich aus. Wegen der Infektionsgefahr für die geschwächten Jungen dürfen die Eltern noch keinen körperlichen Kontakt mit ihren Söhnen haben. „ Kein Umarmen, kein Angreifen“, warnte der Doktor. Bis die Bluttests ausgewertet sind, müssen die Eltern zwei Meter Abstand halten und dürfen mit ihren Kindern nur reden.
Trotz Kritik: Eltern feiern Hilfstrainer als Helden
Der Trainer der Kinder heißt Ekapol Chanthawong und wird von Eltern „ Ek“genannt. Er arbeitet in einem Kloster und ist Hilfstrainer des Wild- Boars- Fußballteams. Der eigentliche Trainer, Nopparat Khanthavong ( 37), hatte ihm aufgetragen, mit den Kindern zu einem Fußballfeld am Fuße der Doi- Nang- Non- Berge zu radeln. Im Internet erheben viele Menschen Vorwürfe gegen den 25- Jährigen. Sie können nicht verstehen, warum er mit den Jugendlichen so tief in die Höhle ging – und das trotz Warnschildern.
Doch viele Eltern der Kinder sehen ihn als Helden und loben ihn als mentale Stütze der Kinder. Dank seiner Hilfe hätten die Buben das Martyrium im Dunkeln bisher überhaupt überlebt. „ Wenn er nicht mit ihnen gegangen wäre – was wäre dann aus meinem Kind geworden?“, äußert sich eine der betroffenen Mütter gegenüber einem lokalen Fernsehsender. „ Wenn er wieder rauskommt, werden wir sein Herz heilen müssen. Mein lieber Ek, ich würde dir nie die Schuld geben für das, was passiert ist.“