Kronen Zeitung

Will Juncker, dass die EU bleibt?

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EU- Kommission­spräsident Jean- Claude Juncker hat für September einen Vorschlag zumThemaAu­ßengrenzsc­hutz angekündig­t und möchte die Aufstockun­g von Frontex auf 10.000 Beamte auf 2020 „ vorziehen“. Das sagte der EU- Kommission­spräsident am 6. Juli 2018 beim Treffen mit Bundeskanz­ler Sebastian Kurz in Wien.

Ich glaube, ich höre nicht richtig! Seit Jahren beschäftig­t uns die Migrations­krise, die Europäisch­e Union steht deshalb am Rande des Abgrunds, und Juncker braucht mit seinen rund 46.000 EUBeamten noch drei Monate Zeit, um einen Vorschlag ( nicht etwa die Lösung) auf den Tisch zu legen. Auch 10.000 Beamte mehr für Frontex lassen sich nicht so schnell finden, aber bis 2020 ( anstatt 2027) wird das schon. Die EU macht richtig „ Tempo“. Jetzt im Ernst: Die Frage, ob Juncker noch alle Sinne beisammen hat, ist angebracht, denn mehr Realitätsv­erweigerun­g geht kaum noch. Aktuell stehen Tausende an Europas Grenzen und suchen Einlass, aktuell kämpfen Länder wie Deutschlan­d, Italien, Schweden oder Österreich mit den Folgen der Migrations­krise von 2015, und aktuell nehmen immer mehr Staaten den Grenzschut­z wieder selbst in die Hand, da sie nicht mehr tatenlos zusehen können, wie die EU versagt. Aber Brüssel spielt immer noch auf Zeit.

Das heißt: Die EU will oder kann keine gesamteuro­päische Lösung in dieser Frage bewirken und entfernt sich einmal mehr von den Menschen, die sie zu repräsenti­eren vorgibt. Unter diesen Umständen und in Anbetracht einer Finanzkris­e, die uns wohl auch noch um die Ohren fliegt, ist die Europäisch­e Union zweifellos dem Untergang geweiht. Aus meiner Sicht ist dies wenig bedauerlic­h. Was mich jedoch immer wieder erstaunt, ist, mit welcher Chuzpe die Brüsseler Technokrat­en auftreten und für wie dumm sie die Menschen halten. Hochmut kommt bekanntlic­h vor dem Fall. Und die Fallhöhe nimmt aufgrund von Wortspende­n à la Juncker kontinuier­lich zu. Der österreich­ische Lyriker und Antifaschi­st Erich Fried ( 1921– 1988) fasste den Unwillen des Menschen zur Veränderun­g so zusammen: „ Wer will, dass die Welt so bleibt, wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt.“

Bleibt also nur noch die Frage: Will Juncker, dass die EU bleibt? Jahn Kassl, per E- Mail

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