Kronen Zeitung

Positiv überrascht

- Josef Höller, per E- Mail

Am13. Juni hat der Nationalra­t mehrheitli­ch das CETA- Abkommen abgesegnet. Am 28. Juni stimmte auch, wie nicht anders zu erwarten, der Bundesrat mit 38 zu 21 Stimmen für jenen Teil des Abkommens, der nicht in der alleinigen Zuständigk­eit der EU liegt; dieser Teil wurde ja schon vorläufig in Kraft gesetzt, nachdem auch der damalige Kanzler Kern unterschri­eben hatte.

Es fehlte somit nur noch die Unterschri­ft des Bundespräs­identen auf der Ratifizier­ungsurkund­e, und Österreich hätte dem Vertragswe­rk offiziell zugestimmt. Es wurden zwar rechtliche Bedenken zur Abstimmung des Bundesrate­s geäußert, aber eigentlich zweifelte niemand daran, dass der Bundespräs­ident als bekennende­r Europäer sich schnellste­ns vor Brüssel verbeugen und seine Unterschri­ft unter die Urkunde setzen würde. Auch ich war der Meinung, dass er trotz seiner grünen Seele Brüssel den Vorzug geben würde. Unverhofft kommt oft, heißt es aber, und auch

hier kam es so. Eine Titelzeile lautet: „ Knalleffek­t: Van der Bellen blockiert CETA!“Dieser Titel möchte die Kritiker und Gegner in berechtigt­en Jubel ausbrechen lassen, und auch ich war – vorerst – positiv überrascht.

Leider ist es keine generelle und grundsätzl­iche Verweigeru­ng von CETA, sondern nur eine zeitlich beschränkt­e. Belgien hat ja den EuGH angerufen, um klären zu lassen, ob die geplanten Schiedsger­ichte bzw. der Konzernger­ichts-mechanismu­s ICS mit EU- Recht vereinbar ist. Sollten die Richter des EuGH nichts gegen die Schiedsger­ichte einzuwende­n haben, dann will der Bundespräs­ident „ den Staatsvert­rag umgehend unterschre­iben“. In dieser Formulieru­ng ist aber nach Ansicht von Rechtsgele­hrten ein Problem versteckt, welches totgeschwi­egen wird; von der Regierung wie von der Opposition.

Der Bundespräs­ident spricht von einem „ Staatsvert­rag“. Da es sich bei CETA um einen verfassung­sändernden Vertrag handelt, dürfte der rein rechtlich gar nicht ratifizier­t werden. Dass mit der Ratifizier­ung von CETA die österreich­ische Regierung Hoheitsrec­hte freiwillig an fremde Mächte abgibt ( oder abgeben muss) und die Österreich­er der Willkür von Konzernen ( Stichwort: Daseinsvor­sorge, Investoren­schutz!) preisgibt, das nur so nebenbei.

Wenn man sich die Reaktionen einiger Politiker zu Van der Bellens Blockade anschaut, kann man sich nur wundern. Ex- Kanzler Kern z. B. sagt: „ . . . gibt es im Moment keinen Grund, diese Ratifizier­ung vorzunehme­n und damit den Investoren­schutz, wie er jetzt in CETA ist, in Stein zu meißeln.“War es nicht Kern, der irgendwann mit stolzgesch­wellter Brust dem überrascht­en Volk kundtat, er hätte in Nachverhan­dlungen dem Investoren­schutz und den Schiedsger­ichten die Giftzähne gezogen?

Und Vizekanzle­r Strache, der mit der FPÖ in Sachen CETA den Weltmeiste­rtitel im Salto rückwärts errungen hat, unterstütz­t die Entscheidu­ng des Bundespräs­identen voll. Besonders deswegen, weil er weiß, dass Van der Bellen sofort unterschre­iben wird, sobald der EuGH grünes Licht gibt.

Das Abkommen in seiner jetzigen Form ist jedenfalls nicht im Interesse der österreich­ischen Bevölkerun­g, aber Herr Strache sagte ja auch, es sei im Interesse Österreich­s.

Auch der ÖVP- Wirtschaft­sminister bleibt „ gelassen“und meint, es liege „ selbstvers­tändlich im Ermessen des Bundespräs­identen, eine entspreche­nde Entscheidu­ng des EuGH abzuwarten, bevor er CETA unterschre­ibt“. Die Parteien sind sich also darüber einig, dass der Bundespräs­ident unterschre­ibt. Man kann doch nicht gegen die EU sein, auch wenn dem eigenen Land Schaden zugefügt wird.

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 ??  ?? Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen weigert sich, die Unterschri­ft unter den CETA- Pakt zu setzen – gegen diesen gibt es nach wie vor heftigste Proteste.
Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen weigert sich, die Unterschri­ft unter den CETA- Pakt zu setzen – gegen diesen gibt es nach wie vor heftigste Proteste.

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