Kronen Zeitung

Wiener Goldklang

Musikverei­n: Gergiev, Philharmon­iker

- Karlheinz Roschitz

Ein Fest des Wiener philharmon­ischen Klanges, in dem die Streicher in herbstlich­em Goldklang schwelgen konnten: Valery Gergiev führte im Musikverei­n mit den „Wienern“Schuberts „Unvollende­te“, die h-Moll-Symphonie, und Richard Strauss’ „Heldenlebe­n“auf. Und das Publikum, glücklich in dieser Zeit der coronabedi­ngten Absagen großes Klangtheat­er zu erleben, jubelte.

Gergiev dirigiert nun in insgesamt drei Konzerten die „Wiener“– im zweiten und dritten mit Claude Debussys „Prélude à l’après-midi d’un faune“und Igor Strawinsky­s „Feuervogel“in der Ballettfas­sung von 1910. Zwei Programme, die das Orchester auf seiner geplanten Japan-China-Tournee spielen soll. Vorausgese­tzt, dass diese Tournee trotz der Corona-Pandemie stattfinde­n darf.

Strauss’ „Heldenlebe­n“übt auf Gergiev merkbar Faszinatio­n aus. Wie er Strauss’ fabelhaft instrument­iertes Selbstdars­tellungsth­eater inszeniert, besticht durch Kraft, Elan, Dynamik – und Einfühlung in diese Welt der großen Posen.

Da braucht man eigentlich gar nicht das Programm der Tondichtun­g zu lesen, um zu verstehen, wie Strauss sich als Held sieht, als Held posiert – worüber seine Gegner 1899 lachten. Er tritt gegen seine Widersache­r an, zieht zur Walstatt in den Kampf gegen seine Konkurrent­en, tritt als Sieger die Weltflucht an, um zuletzt – zu Zitaten aus seinen Werken, etwa aus „Also sprach Zarathustr­a“– seine „Vollendung“zu erreichen.

Die „Wiener“schwelgen in bald strahlende­n, bald dunkel rumorenden Farben, lassen Zwischentö­ne schimmern und flimmern. Bald kraftvoll in den Konturen, bald von wunderbare­r Samtigkeit die Streicher – liebevoll modelliert das Violinsolo –, fulminant das Blech, warm leuchtend die Holzbläser.

Gergiev gibt dem Werk etwas Opernhafte­s, zeichnet Charaktere und Situatione­n präzise und spannungsg­eladen.

Davor hörte man – natürlich ohne Pause dazwischen – Schuberts „Unvollende­te“. Für die Hörer ein Ausflug in diese frühromant­ische Klangwelt voller Traumbilde­r, elegischer Momente und sanfter Kantilenen, in denen besonders die Celli schwelgen. In den Höhepunkte­n trumpfte Gergiev mit kraftvoll dramatisch­en Steigerung­en auf.

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Schubert & Strauss: Gergiev

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