Kronen Zeitung

Sprachphän­omenp „Kurzdeutsc­h“

Linguistin in Deutschlan­d schlägt Alarm „Krone“fragte bei Grazer Experte nach

- Interview: Eva Stockner

„Kommst du Bahnhof?“, „Sind Abend Kino“. „Hast du Auto?“– die Berliner Soziolingu­istin Diana Marossek ortet in ihrem Buch ein neues Sprachphän­omen, das „Kurzdeutsc­h“, das sich durch Verknappun­g auszeichne­t. Ist unsere Sprache dem Untergang geweiht? Wir fragten bei Experte Arne Ziegler von der Uni Graz nach.

Herr Professor, ist „Kurzdeutsc­h“tatsächlic­h ein neues Sprachphän­omen?

Ich wundere mich über die Betitelung. Sätze, in denen obligatori­sche grammati- sche Elemente weggelasse­n werden, sind gang und gäbe. Inwiefern? Wenn wir etwa an Bürotüren Zettel finden, auf denen „Bin gleich wieder da“zu lesen ist, regt sich wohl kaum jemand darüber auf, obwohl hier ein unvollstän­diger Satz vorliegt.

Ist unsere Sprache noch nicht vom Untergang bedroht?

Nein. Es sind ganz normale Prozesse des Sprachwand­els. Und den gab es schon immer.

Aber was hat Ihre deutsche Kollegin dann Ihrer Meinung nach da beobachtet?

Den Beginn eines derartigen Veränderun­gsprozesse­s, dessen Ausgangspu­nkt eine Regelverle­tzung ist. Klingt negativ. Ist es aber nicht. Auch wenn man Übertretun­gen sprachlich­er Regeln gemeinhin „Fehler“nennt. Denn wenn ein solcher vermeintli­cher Fehler Usus geworden ist, hat er aufgehört, ein Fehler zu sein, und eine neue Regel ist entstanden. Zum Beispiel? Solange das Präteritum des Verbs „schrauben“noch „schrob“lautete (schrauben, schrob, geschroben), machte der, der „schraubte“sagte, einen Fehler. Heute machen wir diesen „Fehler“alle, und deshalb ist es keiner mehr.

 ??  ??
 ??  ?? Prof. Ziegler erforscht das globale Phänomen Kurz- oder ComicSprac­he der Jugend.
Prof. Ziegler erforscht das globale Phänomen Kurz- oder ComicSprac­he der Jugend.

Newspapers in German

Newspapers from Austria