Kronen Zeitung

Später Wolga- Sprung

Staatsoper: Janáčeks „ Kátja Kabanová“

- VON STEFAN MUSIL

Die Staatsoper wagt sich endlich wieder an Janáčeks „ Kátja Kabanová“. Und Angela Denoke steht dabei zum ersten Mal (!) in der Titelrolle auf der Wiener Bühne. Rund um sie: ein durchwegs gutes Ensemble – lauter Rollendebü­tanten! Tomáš Netopil leitet das mit Farbpracht aufspielen­de Staatsoper­norchester.

Es ist die Tragödie um eine junge Frau, die an ihrer labilen Psyche, an ihrem Gewissen zerbricht. Ein Opfer, das auch von den äußeren Zwängen, von ihrer überdomina­nten Schwiegerm­utter zerrieben wird. Kátja verliebt sich in Boris und stürzt sich verwirrt und voller Reue am Ende in die Wolga. Ein Psychokrim­i. Der findet in der Staatsoper aber wieder einmal höchstens musikalisc­h statt. Erst zum zehnten Mal wird die Inszenieru­ng von André Engel gespielt. Eine statische, wenig inspiriert­e, höchstens fürs Repertoire zweckdienl­iche Produktion. Wobei die Verlegung des Dramas aus Russland ins New York der Fünfziger dem Stück immer noch so wenig bringt wie zur Premiere 2011.

Immerhin steht mit Angela Denoke jetzt eine echte Kátja- Spezialist­in auf der Bühne. In der legendären Marthaler- Inszenieru­ng hat sie bereits 1998 in dieser Rolle bei den Salzburger Festspiele­n für Furore gesorgt. Knapp 19 Jahre später singt sie die Partie nun endlich an der Staatsoper. Intensiv in der Darstellun­g und der musikdrama­tischen Durchdring­ung der Rolle, gelingen ihr immer noch erstaunlic­h mädchenhaf­t gleißende Soprantöne, wogegen so manche Höhe nicht mehr ganz ihr Ziel erreicht.

An ihrer Seite besticht Jane Henschel als skurril böse Kabanicha – auch sie war in Salzburg bereits dabei. Als Liebhaber Boris macht Misha Didyk mehr solide als verführeri­sche Figur, während der junge Chilene Leonardo Navarro als Tichon sein sehr beeindruck­endes Hausdebüt gibt.

Neu sind ebenfalls der ausgezeich­nete Thomas Ebenstein als Kudrjáš, die brave Margaret Plummer als Varvara und der stimmschön verlässlic­he Dan Paul Dumitrescu als Dikoj.

Tomáš Netopil leitet umsichtig und versteht sich mit dem ausgezeich­net disponiert­en Orchester blendend auf Janáčeks so singuläre Tonsprache.

 ??  ?? Spätes, aber berührende­s Debüt als Leoš Janáčeks Kátja Kabanová: Angela Denoke ( re.) mit „ Varvara“Margaret Plummer.
Spätes, aber berührende­s Debüt als Leoš Janáčeks Kátja Kabanová: Angela Denoke ( re.) mit „ Varvara“Margaret Plummer.
 ??  ?? Scheitert an der bösen Kabanicha: Denoke mit Jane Henschel
Scheitert an der bösen Kabanicha: Denoke mit Jane Henschel
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Tomáš Netopil ( 41)

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