Kanada das bessere Amerika?
Der nördliche Nachbar der USA feiert den 150. Geburtstag mit Polit- Star Trudeau
Ottawa/Wien .– Vier von zehn US- Amerikanern hätten lieber den kanadischen Premierminister Justin Trudeau zum Präsidenten als den eigenen, Donald Trump. Das ergab kürzlich eine Umfrage in den USA.
Die Unterschiede zwischen den beiden Politikern könnten kaum größer sein: Der liberale Trudeau hat sich seit seinem Wahlsieg 2015 unter anderem für die Aufnahme von Flüchtlingen und für erneuerbare Energien und Klimaschutz eingesetzt, Trump tut das Gegenteil. Dazu gilt Trudeau mit seinem strahlenden Aussehen als Darling der globalen politischen Bühne und neuer „ Kennedy Nordamerikas“.
Kanada, der nördliche Nachbar der USA ( 37 Millionen Einwohner, davon 8 Millionen Frankokanadier, zwei Amtssprachen), feiert seinen 150. Geburtstag. Frage: Warum gibt es zwei Staaten mit gleichen Wurzeln nebeneinander in Nordamerika? Ist Kanada gar das bessere Amerika?
Kanadas Botschafter in Österreich, Mark Bailey, weicht diplomatisch aus: „ Wir waren nicht bei den 13 aufständischen Kolonien, die später die USA geworden sind. Auch war dort nicht jeder mit dem Unabhängigkeitskrieg einverstanden. Viele sogenannte Loyalisten emigrierten in das heutige Kanada, und so hielten die Kanadier an der Loyalität zur Krone fest; die einen mehr, die anderen weniger, wie etwa Leute in Quebec. Wir sind im Commonwealth und folgen den Regeln, die wir aus der britischen Herrschaft geerbt haben.“
Frage: Ist deshalb Kanadas Gesellschaft viel weniger gewalttätig als jene der USA? Was unterscheidet darüber hinaus Kanada von den USA?
Botschafter Bailey: „ Schauen Sie sich nur die Verfassungen beider Staaten an: Jene der USA beginnt mit dem Grundsatz der individuellen Freiheit und des eigenen Interesses. Jene von Kanada beginnt mit dem Streben nach Frieden, Ordnung und guter Regierung, also nach dem gemeinsamen Interesse. Bei uns gibt es zum Beispiel strikte Waffengesetze, und wir sind vehemente Verteidiger des Pariser Weltklimaabkommens.“
Beispielhafte Integrationspolitik
Frage: Einen Namen hat sich Kanada auch mit seiner Integrations- und Flüchtlingspolitik gemacht, anders als die USA, wo gerade für 120 Tage eine Aufnahme- sperre für Flüchtlinge in Kraft getreten ist.
Botschafter Bailey: „ Wir glauben mehr an die Karotte als den Stecken ( auf Österreichisch: Zuckerbrot und Peitsche). Und eine Besonderheit ist unser Sponsor- Programm. So gibt es auch private individuelle Sponsoren, die Flüchtlinge auf ihren Weg in die Gesellschaft hilfreich begleiten.“
Zugleich mit der 150- jährigen Staatswerdung begehen Kanada und Österreich 65 Jahre diplomatische Beziehungen. Botschafter Bailey zur Frage, was ihn in Österreich am meisten überrascht habe: „ Es ist das kulturelle Leben und das überwältigende Kulturangebot, das sich die Österreicher leisten. Und natürlich auch die wirtschaftlichen Leistungen dieses Landes.“