Kronen Zeitung

8000 Vermisste pro Jahr gesucht

Es sind 8000 Menschen pro Jahr, die als vermisst gemeldet werden, sprich 22 an jedem einzelnen Tag – hinter jedem davon verbirgt sich ein Schicksal. Die Hälfte taucht wieder auf ( vor allem Jugendlich­e): Doch einige bleiben für immer verschwund­en . . .

- SANDRA RAMSAUER

WIEN. Verzweifel­t gesucht: 8000 Menschen, darunter viele Kinder, werden bei uns jedes Jahr als vermisst gemeldet. Viele Schicksale bleiben für immer ungeklärt.

Es kann jedem passieren: Irgendwann kommt irgendwer nicht mehr heim. Aber wir haben das Potenzial, Leben zu retten.

Christian Mader, Initiat: rv: n „ Österreich findet euch“und Ermittlung­sbeamter im heimischen Bundeskrim­inalamt.

Sie spricht in salzburger­ischem Dialekt, aber ganz leise. Die Stimme versagt bei jedem Satz. Als würde ihr diese quälende Ungewisshe­it die Kehle zuschnüren: Denn die erst 16- jährige Nikita, ihre „ kleine Tochter“, ist seit 9. Juli weg. Sie verschwand mitten in der Nacht – spurlos! „ Ihr Handy kann nicht mehr geortet werden“, erzählt Mama Babette der „ Krone“. „ Und die Polizei sagt, sie ist nicht in Gefahr.“Sie sei mit „ einschlägi­g bekannten Männern unterwegs“, wurde Nikitas Eltern ausgericht­et. „ Ich weiß nicht, in welche Kreise sie reingeruts­cht ist.“

Unfall, Verbrechen, Selbstmord, Kindesentz­ug, psychische­r Ausnahmezu­stand? „ Es kann jedem zu jeder Zeit passieren, dass geliebte Verwandte und Freunde nicht mehr nach Hause kommen“, sagt Christian Mader. Der Beamte des Bundeskrim­inalamtes hat daher bereits vor Jahren eine Initiative gestartet, um Vermisste wiederzufi­nden – auf der Internetpl­attform „ Österreich findet euch“können Fotos von geliebten Abgängigen hochgelade­n und ihre ganz persönlich­e Geschichte erzählt werden.

Und das sind viele: Mit Stichtag 1. Juli 2017 waren insgesamt 1300 Menschen in Österreich im Fahndungss­ystem als abgängig regist- riert. Vater, Mutter, Bruder, Schwester und so viele Kinder. 503 Erwachsene sowie 797 Minderjähr­ige unter 18 Jahren. Etwa die Hälfte davon Mädchen und Burschen, die aus Heimen weggelaufe­n sind ( laut BK bis zu 50- mal!) und dann wieder auftauchen. „ Rund zehn von 8000 Vermissten­fällen pro Jahr bleiben aber ungelöst“, berichtet BK- Sprecherin Silvia Kahn.

Zwei Schicksale von vielen: Christine Schwarz, 31 Jahre alt, kommt aus Linz. Zuletzt wurde sie am 2. Juni 2017 gesehen – einfach weg!

Und Martha, die Ehefrau des Wiener Schneiderm­eisters Peppino Teuschler: „ Wir suchen seit Wochen nach der Mama“, so Sohn Michael. Jetzt kam die traurige Nachricht: Die demenzkran­ke Frau wurde tot auf dem Dachboden im eigenen Haus gefunden.

VERMISST! Auch Babette P., Nikitas Mutter, stößt an die Grenze ihrer Belastbark­eit. Sie will nur eines: ihre geliebte „ kleine Tochter“zurück. „ Ich kann nicht schlafen, nicht essen – nur sagen: , Komm bitte heim. Mehr wollen wir nicht . . .!‘“

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Tragödie um Martha ( 80): Die Ehefrau des Wiener Modedesign­ers Peppino Teuschler war sechs Wochen abgängig. Jetzt wurde ihre Leiche entdeckt – am Dachboden des Familienha­uses.
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Eleonore B. ( 62)
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Norbert Raidl ( 68)
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