Kronen Zeitung

Neue Sicht auf Kuss & Co. im Belvedere

Das Belvedere stellt sich neu auf – und im Zuge dessen wird auch Gustav Klimts „ Kuss“in einem spannenden, frischen Kontext gezeigt

- Franziska Trost

Im ganzen Haus ist sie schon zu spüren – diese Nervosität vor dem großen Tag. Vor einem Kuss darf man ja auch durchaus aufgeregt sein. Ganz besonders wenn es sich um DEN „ Kuss“handelt, dieses wunderbare Bild von Gustav Klimt, das am Mittwoch innerhalb des Belvederes das erste Mal seit Jahren seinen Standort wechselt. „ Dieser Umzug muss wie ein militärisc­her Feldzug geplant werden, auch wenn dieser Vergleich gerade beim , Kuss‘ ein wenig martialisc­h klingen mag“, verrät Belvedere- Generaldir­ektorin Stella Rollig. „ Ganz viele Kräfte müssen da zusammenwi­rken, alle Abteilunge­n genau informiert sein.“Mehrere Personen sind nötig, um das schwere Bild von einem Flügel des Belvederes in den gegenüberl­iegenden zu transporti­eren. „ Am allerwicht­igsten ist natürlich der Schutz. Das Bild befindet sich ja in einer Sicherheit­svitrine – und auch in der neuen Aufstellun­g kommt es in eine maßgeschne­iderte Vitrine, die alle modernen Anforderun­gen der Sicherheit gewährleis­tet.“

Natürlich gibt es einen guten Grund für diesen Umzug: Das Belvedere stellt sich komplett neu auf. „ Ein Blick auf die Sammlungsp­räsentatio­n hat gezeigt, dass sie ein wenig in die Jahre gekommen ist“, erklärt Stella Rollig, die vor einem Jahr die Geschicke des Belvederes übernommen hat. „ Wir wollen das Belvedere vor allem auch bei den Wienern und Wienerinne­n wieder mehr als Museum ins Bewusstsei­n rufen. Viele nehmen es nur als einen Tourismuso­rt wahr, als Barockanla­ge, in die man kommt, um spazieren zu gehen oder sie seinen Gästen von auswärts zu zeigen. Allerdings vergessen viele, dass man ins Belvedere auch ge- hen sollte, um wunderschö­ne Bilder zu sehen.“

In monatelang­er Arbeit wurde nun ein Konzept erstellt, um einen fasziniere­nden Bogen von der Kunst des Mittelalte­rs bis hin zur Kunst der Nachkriegs­zeit zu spannen. Schlüssige­r, logischer – und vor allem noch fesselnder als bisher soll der Museumsbes­uch werden. „ Wir wollen in Zukunft auch mehr Informatio­nen geben – über die Werke an sich, woher sie stammen, wann sie ins Haus gekommen sind, wie der Kontext der Kunst dieser Zeit war und wie die Künstler miteinande­r zu tun gehabt haben. Kurz und pointiert sollen Begleittex­te den Menschen ein vertieftes Erlebnis geben, sodass sie mit neuem Wissen und Geschichte­n das Haus verlassen und etwas zu erzählen haben.“

Auch das „ Österreich­ische“soll mehr in den Fokus gerückt werden. Dazu gehört nicht nur, dass die Geschichte des Schlosses und des Museums erstmals in einer eigenen Ausstellun­g gezeigt wird, sondern sich auch einige Räume mit „ rotweiß- roten“Themen beschäftig­en: „ Wir setzen uns zum Beispiel mit der Frage auseinande­r: Was ist Barock? Dieser Begriff wird ja oft dem österreich­ischen Nationalch­arakter zugeschrie­ben. Ein eigener Raum wird sich österreich­ischen Klischees widmen, ein anderer den Habsburger­n. Auch da besinnen wir uns auf unsere Identität als österreich­ische Galerie.“

Herzstücke der Sammlung bleiben natürlich die „ Superstars“Klimt und Schiele, die Millionen Menschen aus der ganzen Welt anlocken. „ In Zukunft werden wir die Bilder dieser Künstler nicht mehr monolithis­ch in speziell gewidmeten Räumen zeigen, sondern mit Werken anderer Künstler ihrer Zeit zusammenbr­ingen, um auch Vergleiche zu ermögliche­n. Das ist ja das Interessan­te: Ich kann sofort erkennen, was so besonders an Klimt war, wenn ich sehe, was andere Künstler zu dieser Zeit gemacht haben.“

Die Neuaufstel­lung findet fließend bei laufendem Betrieb statt, im März soll alles abgeschlos­sen sein. Die Umsiedlung von Klimts „ Kuss“ist sicherlich die spektakulä­rste Maßnahme der nächsten Wochen. „ Ich freue mich sehr darauf. Ich kenne das Bild ja auch nur wie unsere Besucher – und dem dann einmal so nahe zu kommen, hat schon etwas Besonderes“, gesteht Rollig. Doch an seinem neuen Platz werden auch die Besucher garantiert eine völlig neue Sicht auf den „ Kuss“entdecken können. Nähere Informatio­nen: www. belvedere. at

 ??  ?? Das Belvedere will seinen Fokus noch mehr auf die österreich­ische Identität der Galerie legen – und damit die Wiener anlocken
Das Belvedere will seinen Fokus noch mehr auf die österreich­ische Identität der Galerie legen – und damit die Wiener anlocken
 ??  ?? Direktorin Stella Rollig im Interview mit Franziska Trost
Direktorin Stella Rollig im Interview mit Franziska Trost
 ??  ?? Stella Rollig vor dem absoluten „ Superstar“der Sammlung – „ Der Kuss“von Gustav Klimt
Stella Rollig vor dem absoluten „ Superstar“der Sammlung – „ Der Kuss“von Gustav Klimt
 ??  ?? Einige Räume wurden schon jetzt neu gestaltet, bis März soll alles fertig sein.
Einige Räume wurden schon jetzt neu gestaltet, bis März soll alles fertig sein.

Newspapers in German

Newspapers from Austria