Ängste in Zimmern ohne Aussicht
Akademietheater- Uraufführung: Stones „ Hotel Strindberg “( nach Strindberg )
Seit Freitag ist Simon Stones „ Hotel Strindberg“im Akademietheater eröffnet. Der Theatermacher hat sich an Strindbergs Kammerstücken inspiriert und die daraus destillierten Ängste und Qualen des Lebens in Hotelzimmer gesteckt. Der Besucher darf fünf Stunden Voyeur sein. Grandios gespielt ist das, mitunter lustig, aber auch banal, fad, richtungslos.
„ Ein Mann hat doch seine Würde verdient!“„ Ich hab es verdient! Wir haben es verdient! Ein Mann hat seine Würde“, kotzt es sich der großartige Martin Wuttke am Ende ganz schauspielerstark aus dem Leib. Um mit einem koketten „ Oder?“die Schlusspointe nachzusetzen. Blackout im Hotel Strindberg.
Davor hat sich die Lobby in einen surrealen Innenraum gewandelt. Drei Stockwerke hat Ausstatterin Alice Babidge puppenhausartig auf die Bühne gestapelt, samt Stiegenhaus rechts. Die Vorderwand ist durch Plexiglas ersetzt, hinter dem die Schauspieler, durch Mikroports hörbar gemacht, mit ihren trüben Schicksalen hadern. Stone hat in seinem Text Strindbergs Ängste und Befindlichkeiten ins Heute zu übersetzen versucht. Hier kämpfen alle mit der eigenen Niederträchtigkeit gegen ihr Glück, belügen und betrügen sich, was das Zeug hält. So als würde man sich durch TV- Serien zappen, blenden die einzelnen Szenen in den Zimmern auf. Die Geschichten laufen parallel, ohne sich am Ende alle ganz zu finden.
Die neun großartigen Schauspieler der Koproduktion mit Basel schlüpfen in verschiedene Rollen. Doch es bleibt Stückwerk, das auch nur stückweise zu überzeugen vermag. Dann etwa, wenn ein schrecklich larmoyanter Schriftsteller ( Michael Wächter) seine Frau ( Aenne Schwarz) erwürgt, nachdem sie die Scheidungspapiere unterschrieben hat.
Berührend, wenn eine junge schwangere Frau, die wunderbare Franziska Hackl, ihrem verheirateten Freund, mit dem sie verabredet ist, endlose Nachrichten auf die Mailbox spricht, um am Ende besoffen, verzweifelt Pillen zu schlucken. Ein auch komischer Höhepunkt: Caroline Peters und Wuttke, die als besoffenes Ehepaar, sich laut anwidernd, das Hotel aufmischen. Roland Koch brilliert als Concierge. Verwandlungsfähig überzeugen Barbara Horvath, Max Rothbart und Simon Zagermann. Beim Versuch, Strindberg- Feeling 4.0 zu generieren, hat sich Stone auch ein wenig im Hotel verlaufen.