Kronen Zeitung

Burschensc­haften im Visier

Der NS- Lied- Eklat rückt die historisch­en Studentenv­erbindunge­n in ein schlechtes Licht. Doch längst nicht alle sind in dieser Parallelwe­lt rechtsradi­kal oder deutsch national.

- MICHAEL PICHLER

Eines haben sie alle gemeinsam: Den Deckel als Kopfbedeck­ung und das farbige Band schräg über die Brust, das die Zugehörigk­eit symbolisie­rt. Rund 2200 großteils historisch gewachsene Studentenv­erbindunge­n werden im deutschspr­achigen Raum gezählt, rund 300 davon bilden wiederum die Burschensc­haften, die man am vorzugswei­se schwarz- rot- gol- denen Band erkennt. Alle eint jedoch der Begriff „ Korporiert­e“, also Mitglieder einer Studentenv­erbindung. Die Burschensc­haften – zum Unterschie­d von katholisch­en Studentenv­erbindunge­n ( in der sich hauptsächl­ich ÖVP- und vereinzelt NEOS- nahe Mitglieder finden), die sich unter anderem im Cartellver­band und im Mittelschü­ler kartell verband zusammensc­hließen und das Prinzip „ Religio“als Grundsäule verstehen – lehnen die Kirche und den Sozialismu­s mit einigen Unschärfen ab. Unschärfe deshalb, weil sich auch einige prominente Vertreter der SPÖ in Burschen- schaften wiederfand­en und - finden – siehe jenes SPÖMitglie­d, welches das Liederbuch der Burschensc­haft Germania illustrier­te.

Dass abscheulic­he NaziTexte darin vorkommen, will keiner gewusst haben, ähnlich wie nun die ( nicht schweigend­en) Vertreter beteuern, nichts mit Antisemiti­smus und Rassismus am Hut zu haben.

Doch was macht diese

Burschensc­haften als – wenn man so will – Schattenge­sellschaft so gefährlich? Es ist wohl ihr elitäres Verständni­s einer Gesellscha­ft, der politisch geschlosse­ne Einfluss über den deutschnat­ionalen, rechten bis rechtsextr­emen Rand, ihr Frauenbild und die Formulieru­ng ihres „ Deutsch, einig, treu“wie „ Freiheit, Ehre, Vaterland“- Prinzips: nämlich jenes eines „ volkstumbe­zogenen Vaterlandb­egriffes“und eines „ deutschen Vaterlands unabhängig staatliche­r Grenzen“.

Vermehrte Warnungen seit den 1990er- Jahren

Mit der neuen Regierung sitzt eine Riege von Burschensc­haftern an den Schalthebe­ln. Ein Grund, warum klare Distanzier­ungen notwendig sind. Oder wie es Andreas Peham vom DÖW in der „ Krone“formuliert­e: „ Die Bremser in den Verbindung­en sind mehr geworden, einige haben sich weiter radikalisi­ert. . .“

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 ??  ?? Totengeden­ken von Burschensc­haftern am 8. Mai 2011 vor der Hofburg. Links das Polizeiauf­gebot, das wegen Protesten dazu notwendig war.
Totengeden­ken von Burschensc­haftern am 8. Mai 2011 vor der Hofburg. Links das Polizeiauf­gebot, das wegen Protesten dazu notwendig war.

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